Ein missglückter Sprung in den Pool kann ein Arbeitsunfall sein
Lädt der Chef seine Mitarbeiter dazu ein, im Pool auf dem Betriebsgelände zu schwimmen, stehen sie dabei unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Bad diente nämlich der Erhaltung ihrer Arbeitskraft, sagt das Sozialgericht München.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Arbeitsunfälle und die Folgen
Im Hochsommer erlaubte der Chef seinen Leuten, eine Runde in seinem Pool zu schwimmen. Dabei verletzte sich einer der Mitarbeiter. Das Sozialgericht München sah hierin einen Arbeitsunfall.
Der Fall
Die Sommerhitze trieb den Mitarbeitern einer Zimmerei die Schweißperlen ins Gesicht. Also erlaubte der Inhaber ihnen, sich im Pool auf dem Betriebsgelände zu erfrischen, um anschließend gestärkt wieder an die Arbeit zu gehen. Vor den anstehenden Betriebferien sollten noch Arbeiten zu Ende gebracht werden. Einer der Männer verletzte sich bei dem Sprung ins Wasser aus ungeklärten Ursachen am Halswirbel.
Die Unfallversicherung sah darin keinen Arbeitsunfall und verweigerte die Regulierung des Schadens. Dagegen klagte der Verletzte.
Das Urteil
Die Unfallkasse musste das als Arbeitsunfall anerkennen, entschied das Sozialgericht München. Bei dem Erfrischungsbad handele es sich nämlich nicht um eine private Verrichtung wie Essen oder Trinken. Denn das Bad habe ausdrücklich dazu gedient, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. "Das Erfrischungsbad in einem Pool zur Wiederherstellung bzw. Erhaltung der Arbeitskraft steht in einem sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn es bei noch fortzusetzender versicherter Arbeit der Wiederherstellung oder Erhaltung der Arbeitskraft zu dienen bestimmt ist, insbesondere wenn es wegen zuvor in Hitze verrichteter Arbeit notwendig und vom Arbeitgeber angewiesen worden ist", so das Urteil wörtlich.
Keine unvernünftige Handlung
Eine selbstgeschaffene Gefahr kann zwar zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Der Verletzte habe sich bei lebensnaher Auslegung auch nicht völlig unvernünftig verhalten, betonte das Gericht. Und die Grenzen einer Erfrischung seien hier nicht überschritten worden. Außerdem hatten alle Mitarbeiter inklusive des Chefs daran teilgenommen.
"Einen Rechtssatz, wonach der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewusst einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, gibt es nicht", schreibt das Gericht in seinem Urteil. "Auch leichtsinniges unbedachtes Verhalten beseitigt den bestehenden sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls nicht."
Sozialgericht München, Urteil vom 7. März 2023, Az. S 9 U 276/21
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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