Bürokratieabbau: Handwerk macht mobil
Die Handwerkskammer Südwestfalen und die Kreishandwerkerschaft Hochsauerland luden zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Bürokratieabbau.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Bürokratiewahnsinn im Handwerk
Nicht erst seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung klagen viele Handwerksunternehmen über ständig wachsende Bürokratiebelastungen, die neue Gesetze auf Landes-, Bundes-, und europäischer Ebene mit sich bringen. Die oft kleinen Handwerksbetriebe haben kaum Zeit, sich immer wieder in neue komplizierte Regelungen einzuarbeiten. Sie wünschen sich vor allem eins: nachhaltigen Bürokratieabbau. Um diesem Wunsch Ausdruck zu verleihen luden die Handwerkskammer Südwestfalen und die Kreishandwerkerschaft Hochsauerland die lokalen Wahlkreisabgeordneten Klaus Kaiser (Landtagsabgeordneter, CDU), Dirk Wiese (Bundestagsabgeordneter, SPD), Patrick Sensburg (Bundestagsabgeordneter CDU) und Peter Liese (Europaparlamentarier CDU/EVP) zu einer Diskussionsveranstaltung "Handwerk macht mobil" ein.
Eigens angereist aus Berlin war Holger Schwannecke. Der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks betonte in seinem Impulsvortrag, dass Bürokratieabbau ein Dauerthema und eine Marathonaufgabe sei. Der mit der Bürokratielast verbundene Arbeitsaufwand mache nicht nur den Arbeitsalltag der Handwerksunternehmer schwieriger, sondern bedrohe auch die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, weil sie all die Auflagen nicht mehr erfüllen können. "Dann entwickelt sich das so langsam von einem reinen bürokratischen Thema hin zu einem Wettbewerbs- und Strukturthema, weil nur noch die größeren Betriebe überleben." Dazu dürfe es nicht kommen.
Handwerker sollen sich in der Politik engagieren
Tischlermeister Heinz Pütz (Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)), Bauunternehmer Ulrich Schmidt (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) und Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge), Elektrotechnikermeister Frank Lefarth (Dokumentationspflichten Mindestlohn und Vorbemerkungen bei öffentlichen Aufträgen), Bäckermeister Gerhard Frankenstein (Lebensmittelinformationsverordnung), SHK-Unternehmer Andreas Cloer (statistische Auskunftspflicht) und Tischlermeister Carl Rüther (Meisterbrief und Azubiticket) schilderten den Politikern ihre Probleme im praktischen Arbeitsalltag.
"Ich glaube, es ist erforderlich, dass sich mehr Handwerkerinnen und Handwerker in der Politik engagieren", sagte Kaiser. Denn sie wüssten, wie sich Gesetze in der Praxis auswirken. "Die besten Experten für Entbürokratisierung sind die von der Bürokratie betroffenen." Er forderte die Handwerker auf, die Politik auf die speziellen Probleme bei der Umsetzung von Gesetzen aufmerksam zu machen. Dann seien auch noch weitere Entfesselungspakete möglich. Die Einführung des Azubitickets sei im Koalitionsvertrag verankert und die Landesregierung sei dabei, das nun umzusetzen.
Dialog von Handwerk und Politik schaffen
Wiese schlug vor, Arbeitsgruppen zu bilden, um einen ständigen Dialog von Handwerk und Politik zu schaffen, mithilfe dessen die Handwerker ihre Sorgen und Nöte kundtun können. Auch er betonte, dass der Gesetzgeber Beispiele benötige, damit Dinge in Bewegung kommen können. Bei der DSGVO laufe das Gesetzgebungsverfahren in Berlin, um das, was national zu regeln sei, auf den Weg zu bringen. So könnten zumindest gewisse Auswüchse besonders im Hinblick auf das Abmahnrecht beseitigt werden. Die GoBD und die Sozialversicherungsbeiträge habe die SPD im Blick, aber hier sei aber Geduld gefragt. Zum Thema Meisterpflicht äußerte sich der Politiker sehr klar: "Das, was 2004 unter rot-grüner Führung im Bundestag gemacht worden ist, die Aufweichung des Meisterbriefs und die Abschaffung in einigen Gewerken war falsch, eindeutig." Es sei wichtig gerade in der beruflichen Bildung Regelungen für das Handwerk zu verbessern. Für die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn will Wiese sich für eine praxistauglichere Lösung einsetzen.
Auch Sensburg konnte sich vorstellen, die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn praxisnäher zu gestalten, ohne die Lohnuntergrenze an sich infrage zu stellen. Auch er sei "unheimlich daran interessiert", zu erfahren, welche Folgen Gesetze für die Betriebe haben. Er sei bereit, ganz konkrete Punkte zu sammeln und zu bündeln, um dann Änderungen herbeizuführen. "Wenn wir jetzt die Energie auf einer breiten Basis bündeln, dann bin ich mir sehr sicher, dass wir einigen hier genannten Punkten auch deutlich schneller Erfolge erzielen."
Meisterbrief auf europäischer Ebene weiter verteidigen
Wie kann die Politik das Handwerk von übertriebenen und unnützen Forderungen sei ein wichtiges Thema für Liese. Er räumte ein: "Bei der Datenschutzgrundverordnung ist es Mist, wie es da im Moment läuft." Abmahnanwälte müssten unbedingt in die Schranken gewiesen werden. Der Meisterbrief müsse auf europäischer Ebene weiter verteidigt werden. Es gebe immer noch unsinnige Diskussionen in Brüssel über die Meisterpflicht in einigen Gewerken, aber gebe es einen langsamen Stimmungsumschwung in der Europäischen Union. Er riet dem Handwerk, sich zum richtigen Zeitpunkt in den politischen Prozess einzuschalten, um negative Folgen für die Betriebe abzuwenden. Abschließend stellte Willy Hesse, Präsident der Handwerkskammer Südwestfalen, eine Fortsetzung der sehr gut besetzten Veranstaltung in Aussicht.
Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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