Kein Job ohne Schnelltest!
Der Chef darf den Zutritt zum Betrieb von einem negativen Corona-Test abhängig machen. Dies kann er auch in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat festlegen. Die Klage eines Arbeitnehmerns dagegen scheiterte.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Corona-Schutz im Betrieb
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die notwendigen Schutzvorkehrungen zu treffen, um Ansteckungen im Betrieb zu vermeiden. Dieses Ziel kann er mit verschiedenen Maßnahmen erreichen, berichtet die Anwaltskanzlei Meyer-Köring. So besteht die Möglichkeit, im Betrieb eine Maskenpflicht anzuordnen, Homeoffice anzubieten oder Trennwände und Abstandsregelungen vorzugeben.
Kann er aber auch die Mitarbeiter zwingen, vor Betreten der Firma einen Corona-Test zu machen, indem er eine entsprechende Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abschließt? Das Arbeitsgericht Offenbach sagt: Ja!
Der Fall
Ein Staplerfahrer ist bei einer Gießerei angestellt, die 32 Mitarbeiter und bis zu sieben Aushilfen beschäftigt. Alle Mitarbeiter sind angewiesen, den Sicherheitsabstand von 1,5 Metern in der Produktionshalle einzuhalten. Darüber hinaus besteht, wo dies nicht möglich ist, eine Verpflichtung zum Tragen von medizinischen Mund-Nasen-Masken. Über mehrere Tage gesehen hat jeder Mitarbeiter mit jedem anderen Kollegen Kontakt.
Der Arbeitgeber schloss mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Einführung von Corona-Schnelltests. Diese Betriebsvereinbarung enthält unter anderem die folgende Regelung:
"2. Corona-Schnelltests: 2.1. Besteht ein begründeter Verdacht, dass sich Mitarbeiter mit dem SARS-COV-2-Virus in dem Betrieb angesteckt haben oder ist das Risiko, dass sich Mitarbeiter mit dem SARS-COV-2-Virus im Betrieb anstecken könnten deutlich erhöht, kann die Gesellschaft verlangen, dass sich alle oder einzelne Mitarbeiter vor Arbeitsbeginn einem Corona-Schnelltest unterziehen.
Ein erhöhtes Risiko liegt beispielsweise vor, wenn in dem Landkreis, in dem der Betrieb liegt, nach den Veröffentlichungen des RKI im Durschnitt von sieben Kalendertagen mehr als 200 Personen je 100.000 Einwohner dieses Landkreises mit dem SARS-COV-2-Virus infiziert wurden. Man kann ebenfalls davon ausgehen, dass aufgrund erhöhter Kontaktfrequenzen während der Weihnachtsfeiertage und Silvester ein erhöhtes Risiko vorliegt. Um ausschließen zu können, dass infizierte Kollegen die Arbeit nach den Weihnachtstagen aufnehmen und andere Kollegen infizieren haben wir uns entschieden, Schnelltests anzubieten. Aufgrund des Risikos wird eine doppelte Testung durchgeführt: der erste Test am ersten Tag der Arbeitsaufnahme nach den Feiertagen und der zweite Test fünf Tage später. Gleiches gilt für Mitarbeiter, die in 2021 aus Urlaub- oder Krankenstand (ab 14 Tagen), Elternzeit etc. in den Betrieb zurückkehren."
Der Mitarbeiter ist der Auffassung, sein Arbeitgeber sei nicht berechtigt, den Zutritt zum Betriebsgelände von einem negativen Corona-Test abhängig zu machen. Diese Anweisung verstoße gegen das Recht auf Selbstbestimmung. Er hat deshalb im einstweiligen Verfügungsverfahren beantragt, den Arbeitgeber zu verurteilen, ihm den freien Zutritt zum Betrieb auch ohne Schnelltest zu gestatten.
Das Urteil
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Mitarbeiters zurückgewiesen. Der Arbeitgeber durfte diese Anordnung treffen, entschied es.
Kein rechtswidrige Weisung
Im Eilverfahren besteht ein Anspruch nur dann, wenn eine offensichtlich rechtswidrige Arbeitgeberweisung vorliegt. In einem solchen Fall besteht ein gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers. Die Anordnung, vor Zutritt zum Werksgelände einen negativen Corona-Test vorzulegen, ist aber nach Auffassung des Arbeitsgerichts nicht offenkundig rechtswidrig.
Im Gegenteil: Der Arbeitgeber habe sogar sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt werden. Dies folge auch aus dem allgemeinen Arbeitsschutz, erklärte das Gericht. Damit diene die Anweisung und der Inhalt der Betriebsvereinbarung dem Schutz und der Gesundheit aller Arbeitnehmer.
Keine unverhältnismäßige Regelung
Die Anordnung ist laut Arbeitsgericht auch nicht unverhältnismäßig. Anhaltspunkte dafür, dass gerade von dem Kläger kein Risiko ausgeht, seien nicht dargelegt worden. Vielmehr sei die Durchführung eines Corona-Schnelltests geeignet, um den erforderlichen Nachweis zu erbringen. Dies ergebe sich ohne Weiteres aus den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Dabei sei die Testung gerade nicht offensichtlich unangemessen, so das Urteil. Der Eingriff sei nur von kurzer Dauer und von sehr niederschwelliger Intensität. Die Nachteile, die für den Kläger mit einer Testung verbunden seien, überwögen in Ausmaß und Schwere nicht die Nachteile, die im Falle seiner Ausnahme aus der Testpflicht potenziell für hohe Rechtsgüter anderer Personen eintreten könnten.
Fazit
"Der Entscheidung ist zuzustimmen", meint Prof. Dr. Nicolai Besgen, Fachanwalt für Arbeitsrecht. "Es handelt sich zwar ´nur´ um ein einstweiliges Verfügungsverfahren, also um eine kursorische Beurteilung der Rechtslage. Dennoch steht die Rechtsprechung in Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen. Die Verpflichtung, einen Corona-Schnelltest durchzuführen, begründet keinen intensiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Mit einem negativen Test erlangen aber alle Arbeitnehmer erhöhte Sicherheit. Dies dient dem Ziel des Gesundheitsschutzes. Das Verlangen vor Zutritt in den Betrieb einen negativen Schnelltest vorzulegen ist daher gerechtfertigt und zulässig. Davon zu unterscheiden ist die Einführung einer Impfpflicht. Bei der Impfung handelt es sich gerade nicht um einen niederschwelligen Eingriff. Rechtsprechung zu dieser Frage liegt bislang noch nicht vor."
Arbeitsgericht Offenbach, Eilurteil vom 3. Februar 2021, 4 GA 1/21
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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