DSGVO-Auskunft: "Alle E-Mails" müssen nicht herausgegeben werden
Ein Ex-Mitarbeiter hat zwar einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch gegen seinen Chef, aber er kann nicht die Herausgabe sämtlicher Mitteilungen verlangen, die ihn namentlich erwähnen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Das aktuelle Datenschutzrecht
Welche Kopien muss der Chef herausgeben, wenn der Mitarbeiter gegen seine Kündigung klagt? Jedenfalls nicht alle. Ein solcher Klageantrag sei nicht hinreichend bestimmt, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG). Vielmehr muss der Gekündigte genau bezeichnen, welche Unterlagen er haben möchte.
Auskunftsrecht nach DSGVO
Arbeitnehmern steht gegen ihren Arbeitgeber nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ein umfassender Auskunftsanspruch zu, der auch die Herausgabe von Unterlagen in Kopie umfasst. Der genaue Umfang des Anspruchs war bislang unklar, nun hat das Bundesarbeitsgericht ihn konkretisiert.
Dabei sind personenbezogene Daten nach der DSGVO alle Informationen, die sich mit einer Person verknüpfen lassen, also zum Beispiel Geburtsdatum, Unterhaltspflichten, Fehltage oder Bankverbindungsdaten. Neben diesen sogenannten Stammdaten des Arbeitsverhältnisses fallen aber auch alle weiteren durch den Arbeitgeber gespeicherte Daten über einen Arbeitnehmer, wie etwa in E-Mails enthaltene Aussagen über die Leistung oder Notizen zu Personalgesprächen.
Umfang unklar
Der genaue Umfang des Auskunftsanspruchs war bislang ungeklärt. Während einige Gerichte den Anspruch auf ein für die Praxis handhabbares Maß begrenzt haben, gibt es auch sehr weitgehende Entscheidungen von Instanzgerichten, die eine Herausgabe sämtlicher Unterlagen verlangten. So standen sich zuletzt vor allem die Urteile des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. Dezember 2018 ("auskunftsfreudig") und des Landgerichts Köln vom 18. März 2019 ("restriktiv") gegenüber.
"Bei einem mehrjährigen Arbeitsverhältnis kommen so schnell tausende Seiten an Unterlagen zusammen", erklärt Arbeitsrechtler Prof. Dr. Fuhlrott. "Diese müsste der Arbeitgeber dann zusammenstellen und vorher auch noch prüfen, ob darin Informationen zu anderen Personen enthalten sind, die sodann zu schwärzen wären". Der Aufwand für Arbeitgeber ist damit enorm, zumal viele Arbeitnehmer nach einer Kündigung standardmäßig den Auskunftsanspruch geltend machen.
Bußgelder und Schadensersatz drohen
Erteilt der Arbeitgeber die Informationen gar nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig, kann der Mitarbeiter einen Schadensersatzanspruch (Art. 82 DSGVO) gegenüber seinem Arbeitgeber geltend machen. "Arbeitsgerichte haben hier Arbeitnehmern bereits mehrfach Summen in vierstelligen Bereichen allein für die verzögerte oder unvollständige Auskunftserteilung zugesprochen", erläutert Prof. Dr. Fuhlrott. "Daneben kann sich der Betroffene zudem an die jeweilige Datenschutzaufsicht wenden. Diese kann ebenfalls tätig werden und die Nicht-Erteilung der Auskunft zudem noch mit einem Bußgeld ahnden", ergänzt der Arbeitsrechtler.
Ein gekündigter Arbeitnehmer hatte von seinem Ex-Chef "Kopien seines E-Mail-Verkehrs sowie der E-Mails, die ihn namentlich erwähnen" verlangt. Das BAG wies ihn ab. Das pauschale Verlangen nicht näher bezeichneter Kopien oder Unterlagen sei nicht hinreichend bestimmt genug, urteilten die Erfurter Richter. Arbeitgeber müssen also weiterhin Auskunft erteilen, aber sie schulden nur die Überlassung von Kopien genau bezeichneter Unterlagen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. April 2021, Az. 2 AZR 342/20
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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