Werkzeuge aufspüren mittels Künstlicher Intelligenz
Werkzeuge kosten Geld. Viel kostspieliger sind aber Mitarbeiter, die ständig nach ihnen suchen oder sie beim Beladen der Fahrzeuge vergessen. Künstliche Intelligenz soll das Problem bei der Weingarten GmbH lösen.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Neue Werkzeuge für das Handwerk
Frank Geimer hat es für seine Tischlerei grob ausgerechnet. Unterm Strich ist der Geschäftsführer der Weingarten GmbH aus Herschbach (Rheinland-Pfalz) zu dem Ergebnis gekommen: "Wir brauchen eine technische Lösung!" Am liebsten wäre es ihm, wenn seine knapp 30 Beschäftigten aufs Smartphone tippen und sehen könnten, wo ihre Werkzeuge auf der Baustelle oder im Lager gerade sind und ob ihr Transporter für die teils europaweite Montage komplett ausgerüstet ist.
Bei Bier und Würstchen findet er die Lösung seines Problems. "Alexander Fridhi und ich waren zum Grillen an einem Samstagnachmittag bei einem gemeinsamen Freund eingeladen." Die Geschäftsleute kommen ins Plaudern. "Was machst du denn so beruflich? Aha, KI. Was ist denn das? Mach mal ein Beispiel!" Alexander Fridhi hat sofort ein passendes parat. Sein Unternehmen, die DDG AG, hat für einen Brückenbauer eine Anwendung entwickelt, die Schweißgeräte auf den kilometerlangen Baustellen schnell für alle Bauarbeiter auffindbar macht. So etwas möchte Frank Geimer auch für seinen auf die Inneneinrichtung von Schiffen, Geschäftsräumen und Hotels spezialisierten Betrieb haben.
Ortung mit Bluetooth-Beacons
Zwischen 500 und 600 Elektrohand-, Klein- und Spezialwerkzeuge sind bei der Tischlerei aus Rheinland-Pfalz im Gebrauch. Hinzu kommen noch wichtige Hilfsmittel wie Leitern, Laser oder Gerüste. Die meisten davon sollen zu orten sein. Technisch möglich wird dies durch sogenannte Bluetooth-Beacons. Diese Sensoren werden an den Werkzeugen befestigt. Sie senden Signale aus, die etwa von einem Smartphone empfangen werden können. "Anhand der Signalstärke lässt sich durch Triangulation errechnen, wo die letzte Begegnung mit dem Werkzeug war", erklärt Alexander Fridhi. Die von den Beacons gesendeten Daten fügt die KI zu Mustern zusammen. "Auf diese Weise kann man nicht nur erkennen, ob ein Fahrzeug vollständig für einen Arbeitsauftrag beladen ist, sondern auch den Materialfluss optimieren, indem die Laufwege der Werkzeuge und Maschinen nachvollziehbar werden", verdeutlicht der Gründer und Vorstand der DDG AG.
Testlauf im Januar 2021
Im kleinen Rahmen wurde die Funktionsweise der Minisender bei der Weingarten GmbH schon getestet und für gut befunden. Mitte Januar möchte Frank Geimer bei zwei der fünf Transporter ausprobieren, wie die Ortung der Arbeitsmaterialien klappt. "Zurzeit probieren wir fünf oder sechs Beacons für verschiedene Anwendungszwecke aus." Zunächst sollen sie nur an das Werkzeug oder an die Maschinen angehängt werden, später beispielsweise in den Stecker integriert oder am Werkzeugkoffer festgeklebt werden. Der Unternehmer hofft, dass das KI-gesteuerte System schon ab nächstem Sommer reibungslos als App auf den Smartphones läuft und seine Mitarbeiter von sich aus warnt, wenn Werkzeug im Lager vergessen oder auf der Baustelle stehen gelassen worden ist.
Lukratives digitales Standbein
Noch befinden sich der Handwerksbetrieb und die DDG AG in der ersten Phase ihrer Zusammenarbeit. Alexander Fridhi spricht von einem Co-Innovations-Prozess. Dieser umfasst drei Stufen: Innovate, Launch, Commercialize. "Mit unserem Partner entwickeln und erproben wir zunächst einen Prototypen. Anschließend schauen wir uns an, welche Daten daraus generiert worden sind und welche Erkenntnisse sich daraus ziehen lassen." Fridhi begnügt sich jedoch nicht damit, eine kleine, schlanke Lösung für nur einen Anwendungsfall zu finden. Sein Ziel ist es, im "unternehmerischen Schulterschluss" mit dem Innovationspartner ein Start-up zu gründen und einen ganzen Markt zu bedienen. "Damit könnten sich Handwerksbetriebe auch ein lukratives digitales Standbein aufbauen."
Großes Potenzial fürs Handwerk
Kosten im eigenen Betrieb sparen und gleichzeitig an der KI-Anwendung verdienen – das klingt für den Unternehmer Frank Geimer richtig gut. Für die Anwendung sieht der Geschäftsführer der Weingarten GmbH großes Potenzial im Handwerk. Zehn Kollegen habe er bereits davon erzählt und zu hören bekommen: "Frank, wenn das System läuft, wollen wir es unbedingt auch haben!"
Text:
Bernd Lorenz /
handwerksblatt.de
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