Gegen die geplante Ausführung des Sockels hätte der Bauunternehmer hier konkrete Bedenken anmelden müssen, sagt das Urteil.

Gegen die geplante Ausführung des Sockels hätte der Bauunternehmer hier konkrete Bedenken anmelden müssen, sagt das Urteil. (Foto: © Dimitry Kalinovsky/123RF.com)

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Handwerker muss Bodengutachten auf Plausibilität prüfen

Betriebsführung

Ein Handwerker wird nur dann von der Mängelhaftung befreit, wenn er den Bauherrn unmissverständlich auf die Risiken einer fehlenden Boden-Abdichtung hinweist. Auf ein Gutachten darf er sich nicht verlassen, sagt das Oberlandesgericht Köln.

Die Prüf- und Hinweispflicht ist immer wieder ein Thema im Handwerk und vor Gericht. Auch im Fall eines undichten Fertighauses ging es darum. Der Bauunternehmer dürfe sich zwar grundsätzlich auf die Erkenntnisse eines Sachverständigen verlassen, er müsse das Bodengutachten jedoch auf Plausibilität und etwaige Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten hin untersuchen, meint das Oberlandesgericht Köln.

Der Fall

Die Bauherrin beauftragte eine Firma mit dem Bau eines Einfamilienhauses ohne Keller. Vereinbarungsgemäß ließ sie vorher von einer Spezialfirma ein Baugrundgutachten erstellen: Der Sockel müsse gegen Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser abgedichtet werden, lautete deren wesentliches Ergebnis. Als das Gebäude fertiggestellt war, traten im Sockelbereich Feuchtigkeitsschäden auf, teilweise platzte die Farbe ab.

Ein Bausachverständiger kam zu dem Schluss, dass die Abdichtung unzulänglich war: Auf dem Grundstück sei wegen der Bodenbeschaffenheit nicht nur von Sickerwasser auszugehen, sondern von drückendem Wasser, was höhere Anforderungen an die Gebäudeabdichtung stelle. Das Bauunternehmen hätte auf dem Oberputz im Sockelbereich eine fünf Zentimeter dicke Schicht mineralischer Dichtschlämme aufbringen müssen.

Die Baufirma lehnte ab und verwies auf das Baugrundgutachten, in dem von Dichtschlämme keine Rede sei.

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Das Urteil

Das Oberlandesgericht Köln gab der Bauherrin recht. Der Auftragnehmer schulde prinzipiell ein funktionstaugliches Werk. Üblicherweise sichere der Unternehmer bei Vertragsschluss stillschweigend die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zu. Entspreche die Werkleistung diesen nicht, liege regelmäßig ein Mangel vor.

Ein Mangel sei hier bereits darin zu erkennen, dass der Sockelputz keine mineralische Dichtschlämme aufweise, so das Urteil. Dies stelle einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik dar. Wie der Sachverständige ausgeführt habe, hätte in Anlehnung an die einschlägige "Richtlinie Fassadensockelputz Außenanlage" eine mineralische Dichtschlämme ausgeführt werden müssen. Außerdem gebe es einen Mangel bei der Gebäudeabdichtung, diese entspreche nicht dem tatsächlichen Lastfall, erklärten die Richter.

Verschärfte Prüfpflicht bei besonderer Sachkunde

Zwar dürften sich Bauunternehmer grundsätzlich auf Erkenntnisse von Sonderfachleuten verlassen. Sie müssten aber die Angaben in einem Gutachten auf Plausibilität und Unstimmigkeiten prüfen. Diese Prüfpflicht habe der Bauunternehmer verletzt. Dass im konkreten Fall nur von Bodenfeuchte auszugehen sei, könne angesichts der im Gutachten genannten "Durchlässigkeitsbeiwerte" im Boden nicht zutreffen: Das müsse einem Bauunternehmen bekannt sein. Gegen die geplante Ausführung des Sockels hätte der Bauunternehmer daher konkrete Bedenken anmelden müssen. Der allgemeine Hinweis in einem mehrseitigen Nachtrag zur Bau- und Leistungsbeschreibung genüge hingegen nicht.

"Maßgeblich für den Umfang der Prüf- und Hinweispflicht sei, ob dem Auftragnehmer der von ihm als Fachunternehmen zu erwartenden Prüfung Bedenken gegen die geplante Ausführung hätte kommen müssen", so das Urteil wörtlich. "Wird die Bauleistung von Fachfirmen mit besonderen Spezialkenntnissen ausgeführt, so verstärkt sich die Prüfungsverpflichtung."

Das Gericht verurteilte die Baufirma, der Bauherrin für die Mängelbeseitigung einen Kostenvorschuss von 20.678 Euro zu zahlen. Dieser Betrag sei allerdings wegen Mitverschuldens der Auftraggeberin um ein Drittel gekürzt, denn sie müsse sich die Fehler des von ihr beauftragten Sachverständigen zurechnen lassen.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 2. Februar 2022, Az. 11 U 44/21 

Die Prüf- und Hinweispflicht im BaurechtDer Bundesgerichtshof bestätigt immer wieder seine strenge Rechtsprechung zur Prüf- und Hinweispflicht des Werkunternehmers. Die Pflicht ist eine vertragliche Hauptpflicht, sie gilt gleichermaßen beim VOB- und beim BGB-Bauvertrag. Handwerker wüssten aber oft nicht genau, wie weit ihre Prüf- und Hinweispflichten gehen, sagt Michael Bier, Jurist und Abteilungsleiter bei der Handwerkskammer Düsseldorf. "Der Handwerker schuldet seinem Aufraggeber grundsätzlich ein mängelfreies Werk. Es muss im Ergebnis funktionstauglich sein. Die Mängelhaftung ist eine verschuldensunabhängige, das heißt, es ist egal, ob die Gründe im eigenen Verantwortungsbereich des Handwerkers oder außerhalb seiner Leistung liegen." Bei Zweifeln an der Funktionsfähigkeit des Werkes muss der Handwerker dem Kunden möglichst früh einen schriftlichen Hinweis geben. Und er muss im Streitfall beweisen, dass er dies getan hat. Dann ist er von seiner Haftung befreit. Verletzt der Handwerksunternehmer seine Prüf- und Hinweispflicht, kann er für Mängel haften – auch wenn er selbst fehlerlos gearbeitet hat."

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Text: / handwerksblatt.de

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