Das rheinland-pfälzische Handwerk hat seine Forderungen zur Landtagswahl formuliert. Unterzeichnet haben das Positionspapier Johannes Lauer, Vorsitzender des Unternehmerverbands Handwerk, Kurt Krautscheid, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, und Gerd Benzenmüller, Präsident des Landesverbands der Kreishandwerkerschaften (von links).

Das rheinland-pfälzische Handwerk hat seine Forderungen zur Landtagswahl formuliert. Unterzeichnet haben das Positionspapier Johannes Lauer, Vorsitzender des Unternehmerverbands Handwerk, Kurt Krautscheid, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, und Gerd Benzenmüller, Präsident des Landesverbands der Kreishandwerkerschaften (von links). (Foto: © Kirsten Freund)

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Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Das fordert das Handwerk

Betriebsführung

Landeshandwerkskonferenz in Trier: Im Vorfeld der Landtagswahl im März 2026 hat das rheinland-pfälzische Handwerk fünf Kernforderungen an die Politik formuliert.

Die Spitzen der rheinland-pfälzischen Handwerksorganisationen haben im Großen Rathaussaal der Stadt Trier die Forderungen des Handwerks zur Landtagswahl im März 2026 verabschiedet. Nicht in Bezug auf Bürokratieflut, Nachwuchs- und Fachkräftemangel sowie Wohnungsbau und Infrastruktur soll die Landespolitik zügig handeln. Das Handwerk fordert in seinem Fünf-Punkte-Papier unter anderem einen Normenkontrollrat auf Landesebene, ein Investitionspaket für Schulen und die intensivere Bekämpfung der Schwarzarbeit.

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Zur Landeshandwerkskonferenz hatten die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, der Unternehmerverband Handwerk RLP und der Landesverband der Kreishandwerkerschaften in Rheinland-Pfalz geladen. Mit ihrem Forderungspapier machen die Handwerksorganisationen auch deutlich, dass sie mit einer Stimme sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sprechen.

"Handwerk und Politik muss neu gedacht werden", machte Kurt Krautscheid, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern deutlich. Das Handwerk dürfe bei Verhandlungen insbesondere auf Bundesebene nicht länger am Katzentisch sitzen. "Vielleicht funktionieren wir für Teile der Politik einfach zu gut, um wahrgenommen zu werden", gab Krautscheid zu Bedenken. Er hob gleichzeitig die gute Zusammenarbeit mit der Landespolitik hervor. Bei dem intensiven Austausch in dem historischen Saal, in dem sonst der Trierer Stadtrat tagt, ging es um das Sondervermögen für Infrastruktur, die Rolle des Handwerks bei der Energiewende, um Nachwuchsgewinnung, die Landesbauordnung, Besonderheiten der Generation Z und um die Imagekampagne des Handwerks.

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Die große Bedeutung des Wirtschaftszweigs hob die Trierer Bürgermeisterin Elvira Garbes (Foto) in ihrem Grußwort hervor: 56.000 Betriebe erwirtschaften im Land einen jährlichen Umsatz von etwa 37,1 Milliarden Euro und beschäftigen rund 260.000 Mitarbeiter, davon rund 18.000 Auszubildende.

Die Forderungen des Handwerks zur Landtagswahl seien klar und praxisnah formuliert, so Bürgermeisterin Garbes. Es gehe darin nicht um Sonderwünsche, sondern um notwendige Schritte, damit das Handwerk zukunftsfähig bleibt. Die Rahmenbedingungen müssten stimmen, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Dass der Meistertitel heute dem Bachelor gleichgestellt ist, wertete die Bürgermeisterin als wichtigen und richtigen Erfolg des Handwerks. 

Erfolgsmodell Imagekampagne

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Ein Erfolgsmodell seit inzwischen 15 Jahren ist auch die Imagekampagne des Handwerks - bekannt unter anderem von Plakaten, Aktionen, TV-Spots und Social-Media-Postings. Die Kampagne hat das öffentliche Ansehen und die Wahrnehmung des Handwerks nach vorne gebracht. Die aktuelle Staffel verantwortet die Hamburger Agentur CarlNann GmbH.

Bernhard Labitzke (Head of Creation) und Jonas Pieper (Head of Strategy) stellten das neue Motto "Wir können alles, was kommt" vor. Damit will sich das Handwerk als starke Gemeinschaft präsentieren, die auch in aufgewühlten Zeiten die Herausforderungen der Zukunft in die Hand nimmt. "Echte" Handwerkerinnen und Handwerker wurden gecastet, um die Botschaften der Kampagne authentisch zu vermitteln. Zudem soll es bald eine zweite Aktion des Handwerks in Minecraft ("Monument der Zuversicht") geben, um Jugendliche dort abzuholen, wo sie sich oft aufhalten: in der Welt der Computerspiele. 

Wie die Generation an Nachwuchskräften tickt, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist, darüber sprach Dr. Rüdiger Maas vom Institut für Generationenforschung in Augsburg. Der Psychologe warb für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Vieles, was den Jugendlichen aus der GenZ heute vorgeworfen wird (etwa die exzessive Smartphone-Nutzung) leben deren Eltern selbst vor. Der Schlüssel, um die potenziellen Auszubildenden kennenzulernen und sich gegenseitig besser zu verstehen, seien Praktika.

Sondervermögen klug investieren

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Um auszubilden und zu investieren, braucht das Handwerk verlässliche Rahmenbedingungen. Hierbei kann auch das Sondervermögen Infrastruktur eine wichtige Rolle spielen. Rheinland-Pfalz bekommt insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung und Klimaneutralität.

Johannes Lauer und Andreas Unger vom Unternehmerverband Handwerk RLP betonten, dass sich das Handwerk dafür stark macht, dass die Mittel nicht nur verteilt, sondern gezielt und nach klaren Kriterien eingesetzt werden. Zum Beispiel in die Modernisierung von Berufsschulen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten im Handwerk.

Stefan Petri, stellvertretender Geschäftsführer des Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Hessen/RLP, schilderte, wie das Fachhandwerk die Energiewende umsetzt, wie die Klimahandwerke dabei kooperieren und dass es dafür verlässliche Rahmenbedingungen brauche, die dem Endkunden einfach erklärt werden können. 

Gerd Benzenmüller, Präsident des Landesverbandes der Kreishandwerkerschaften, forderte, die Berufsschulen besser auszustatten und warb für ein "Azubi-Ticket" für den ÖPNV als Wertschätzung für die Auszubildenden.

Zusammenfassend stellte Axel Bettendorf, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern, fest, dass das Handwerk gemeinsam in der Lage ist, "Ideen zu bündeln, die aktive Zusammenarbeit zu pflegen und konkrete Ergebnisse für unser Handwerk vor Ort zu schaffen."

Text: Kirsten Freund

Forderungen des rheinland-pfälzischen Handwerks zur Landtagswahl 2026

1. Rahmenbedingungen für das Handwerk verbessern

- Handwerk als Träger öffentlicher Belange stärker einbeziehen: Handwerksorganisation (Handwerkskammern, Verbände und Kreishandwerkerschaften) als Praxisberater in Gesetzgebungsverfahren stärker einbinden

- Selbstverwaltung stärken: Angebote zur vollumfänglichen Wahrnehmung der Aufgaben in der Mitbestimmung des Handwerks ausbauen

- Schwarzarbeit bekämpfen: Gewerbeaufsicht besser ausstatten

- Unfairen Wettbewerb verhindern: Die Verwendung öffentlicher Mittel muss zwingend an eine Tarifbindung der Unternehmen geknüpft sein. Das sichert faire Arbeitsbedingungen und fairen Wettbewerb.

- Betriebsnachfolge unterstützen: Anreize schaffen, Förderprogramme auflegen, Arbeitsplätze sichern

- Bedarfsgerecht Gewerbeflächen für das Handwerk bereitstellen: Ausreichende Menge, handwerksgerechte Parzellierung

- Förderprogramme handwerksgerecht gestalten: Bedingungen an Praxisbedingungen anpassen (Realitätscheck), Zugang zu Fördermitteln erleichtern

 - KI-Einsatz im Handwerk stärken: Förderprogramme, Beratungsangebote, Breitbandausbau – gerade in ländlichen Regionen, klarer Rechtsrahmen

- Neuauflage des Förderprogramms Digiboost zur Förderung von Digitalisierung und Innovation im Handwerk: Einfach in der Beantragung, handwerksfreundliche und pragmatische Umsetzung

- Regionale handwerkliche Strukturen schützen: Unfaire Konkurrenz durch öffent-liche Energieversorger beenden, hoheitliche und wirtschaftliche Tätigkeiten klar trennen (§ 85 Abs. 1 Nr. 3 GemO an andere Bundesländer wie z. B. Bayern, Baden-Württemberg, Saarland anpassen)

2. Bürokratieabbau beim Land und den Kommunen

- Normenkontrollrat auf Landesebene einsetzen: Bürokratieabbau systematisch verankern und zur Chefsache machen

- Planungs- und Genehmigungsprozesse vereinfachen und digitalisieren

- EU- und Bundesvorgaben nicht übererfüllen: Kein Draufsatteln von weiteren Berichtspflichten und/oder noch höheren Anforderungen für das Handwerk in Rheinland-Pfalz

- Praxis-Check Handwerk für neue Landesvorschriften einführen

- Neue Vorschrift nur, wenn dafür eine alte entfällt (One-in-One-out-Regel)

- Alle relevanten Behördengänge (Land und Kommunen) für KMU bis 2027 digital möglich machen

- Bürokratiemonster Verpackungssteuer verhindern: Das Lebensmittelhandwerk schützen

3. Bildungsoffensive, Fachkräfte gewinnen

- Grundkompetenzen beim Schulabgang sicherstellen

- Investitionspaket für Schulen, Berufsschulen und überbetriebliche Ausbildungsstätten (zusätzlich zum Kernhaushalt Mittel aus dem Sondervermögen in die Bildungsinfrastruktur investieren)

- Sprachförderung schon vor dem Eintritt in die Schule etablieren

 - Schulen in sozialen Brennpunkten massiv personell aufstocken (multiprofessionelle Teams und adäquate Ganztagsbetreuung)

- Sicherstellen der Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen beim Abgang aus allen Schulformen

- Duale Berufsausbildung mit akademischen Bildungsgängen gleichbehandeln, sowohl hinsichtlich der finanziellen Ausstattung als auch der Darstellung beruflicher Perspektiven, Förderung der Verzahnung von beruflicher und akademischer Bildung

 - Verbesserung der Mobilität im ländlichen Raum: Ein landesweites, kostengünstiges Nahverkehrsticket für Auszubildende erleichtert Mobilität und Zugang zu Berufsschulen.

- Berufsorientierung stärken: Berufswahlkoordinatoren an den Schulen stärken und Berufsorientierung intensivieren, mehr Praxisphasen in der Schullaufbahn. Praktikumswochen in verschiedenen Branchen vorgeben, um das Erfahrungsspektrum zu erweitern.

- Mehr Praxisphasen in allen Jahrgängen der allgemeinbildenden Schulen (Praxisprojekte, Projektwochen, Betriebspartnerschaften)

4. Wohnungsbau ankurbeln, Infrastruktur modernisieren

- Bürokratiearme bundesweit einheitliche Bauordnung: Anpassung der Landesbauordnung an Musterbauordnung des Bundes

- Anpassung der kleinen Bauvorlageberechtigung für Handwerksmeister: Hürden fürs Handwerk eliminieren (Meisterbrief als hinreichende Vorlageberechtigung anerkennen, wie z. B. in Sachsen und Bayern)

 - Mittelstandsfreundliche Vergabepolitik mit Vorrang von Fach- und Teillosvergabe vor der Generalunter- und -übernehmervergabe

- Vereinfachte Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratielast: Insbesondere im Landesrecht, beispielsweise im Bereich der öffentlichen Bauvergabe, müssen verstärkt Beschleunigungspotenziale gehoben werden.

- Baugenehmigungen beschleunigen: Genehmigungsfiktion bei Fristüberschreitung einführen

- Verkehrswege instand setzen, Engpässe beseitigen, zentrale Neubauprojekte starten

5. Kommunale Investitionsspielräume schaffen

 - Investitionsspielräume für Kommunen schaffen (Entschuldungsprogramm des Landes, Konnexitätsprinzip: Wer bestellt bezahlt)

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz; UVH-Unternehmerverband Handwerk Rheinland-Pfalz e.V.; Landesverband der Kreishandwerkerschaften  

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Text: / handwerksblatt.de