Sieben Tipps für Preiserhöhungen
Es ist eine gute Zeit, um Ihre Preise zu erhöhen! Davon sind ein Wissenschaftler und eine Betriebsberaterin überzeugt. So können Handwerksunternehmer Preiserhöhungen bei ihren Kunden durchsetzen.
Sie wollen oder brauchen mehr Geld für Ihre Arbeit? Dann sollten Sie Ihre Preise erhöhen! Es ist eine gute Zeit dafür, sagt Patricia Weßeling, Betriebsberaterin der Handwerkskammer Düsseldorf. Denn die Konjunktur brummt, die Kauflaune der Deutschen ist gut. Und wer für sein Geld kaum noch Zinsen bekommt, gönnt sich schneller etwas oder investiert es zum Beispiel in energiesparende Renovierungen, für die es häufig auch noch Fördermittel gibt.
Sie trauen sich aber nicht so richtig? Damit sind Sie nicht allein! "Die Preisangst beim Verkäufer ist deutlich größer als beim Käufer" – das haben Verkaufspsychologen schon lange vermutet. Inzwischen konnte es sogar in Studien belegt werden, berichtet Dr. Kai-Markus Müller. Der Neurobiologe ist Spezialist für Neuro-Pricing – einem Teilgebiet des Neuromarketings. Dabei wird mit Hirnscans Preisforschung betrieben. So kann die Zahlungsbereitschaft oder die Reaktion auf Rabattsignale oder Preisschilder direkt am Gehirn des Konsumenten gemessen werden. Von diesen Erkenntnissen können Unternehmer profitieren, die ihre Preise erhöhen oder sich mit hohen Preisen am Markt durchsetzen wollen. Der Wissenschaftler hat sieben praktische Tipps dazu:
1. Kein Preiskrieg!
Wer bei einer Preisschlacht mitmacht, hat schon verloren. Denn damit bekommen Sie genau die Kunden, die Sie nicht wollen. Auch Outlet-Preise oder Sonderangebote funktionieren nur kurzfristig. Das Problem: Sie lenken damit die Aufmerksamkeit des Kunden auf den Preis statt auf das Produkt. Damit erziehen Sie ihn zum Schnäppchenjäger! Bieten Sie Ihren Kunden lieber einen Treuebonus (Rabattkarte) oder eine zusätzliche Dienstleistung (wer zehn Brötchen kauft, bekommt eines kostenlos).
2. Unverwechselbar machen!
Im Handwerk hat der Kunde meist nicht die volle Preisinformation, oft kennt nur der Unternehmer die Preise und Stundensätze der Mitbewerber. Falls Kunden mehrere Angebote einholen, offerieren Sie besondere Services oder Dienstleistungen (hochwertiges Material, verlängerte Garantiezeiten, verbilligter Wartungsservice). Dann sind Ihre Angebote nicht vergleichbar.
3. Ankerpreis setzen!
Eine Zahl, die zuerst genannt wird, wirkt sich auf die Wahrnehmung der nachfolgenden aus. "Mein Cousin etwa empfand einen 250-Euro-Pulli als Schnäppchen, nachdem er zuvor einen Pulli für 800 Euro probiert hatte", erzählt Müller: "Wäre er vorher bei H&M gewesen, wären ihm die 250 Euro unglaublich teuer erschienen." Ein Friseur kann zum Beispiel eine "Champagnerbehandlung" für 180 Euro anbieten – mit einem Glas Champagner, einer Kopfhautmassage etc. Gleichzeitig bietet er einen normalen Haarschnitt mit Waschen und Föhnen für 80 Euro an – das ist der Preis, den er eigentlich haben will. Durch den Vergleich mit der Champagnerbehandlung wirkt er günstig.
4. Trend zur Mitte nutzen!
Es gibt eine Tendenz zum mittleren Preis. Wenn Sie zwei Angebote haben, die Sie verkaufen wollen, machen Sie noch ein drittes, teureres Angebot. Dann haben Sie eine gute Chance, dass mittlere Angebot zu verkaufen.
5. Keine runden Preise anbieten!
Handwerker sollten glatte Preise vermeiden, weil sie aufgerundet wirken. Also: Die Badrenovierung kostet nicht 10.000 Euro, sondern 9.870 oder 10.750 Euro.
6. Künstlich verknappen!
Diese Methode ist im Internet sehr verbreitet: Es sind nur noch zwei Hotelzimmer frei, nur noch drei Exemplare dieses Buches vorrätig etc. Auch der Handwerker kann damit arbeiten: Sagen Sie Ihrem Kunden zum Beispiel, dass Sie ihm preislich entgegenkommen können, wenn Sie den Auftrag bis morgen erhalten – weil Ihnen zum Beispiel ein anderer Auftrag weggebrochen ist. Der Vorteil daran ist, dass der Kunde keine Zeit hat, die Preise zu vergleichen. Gleichzeitig halten Sie die Preise in der Wahrnehmung Ihrer Kunden hoch.
7. Seien Sie ehrlich!
Handwerker können und sollen auch mit Ihrer Persönlichkeit punkten, ihre Arbeit gut erklären und dabei transparent und ehrlich sein. Kunden dürfen sich niemals ausgenommen vorkommen oder ausgetrickst fühlen. Gerade Handwerksunternehmer leben von dem guten Ruf in ihrer Region.
Foto: © Marc Dietrich/123RF.comBuchtipp: Kai-Markus Müller – NeuroPricing: Wie Kunden über Preise denken, Haufe-Lexware-Verlag 2012, 29,95 Euro
Zu bestellen im VH-Buchshop bei Bärbel Nass, Tel.: 0211/39098-64 oder per E-Mail unter: nass@verlagsanstalt-handwerk.de.
Tipps von der Betriebsberaterin
Neuro-Pricing – das ist doch nichts für einen Handwerksunternehmer! So ein Neurobiologe hat doch keine Ahnung vom Handwerk! Und überhaupt – was ist mit der Billigkonkurrenz? Wem solche Gedanken durch den Kopf gehen, sollte sich mal mit dem Betriebsberater seiner Kammer in Verbindung setzen. Sie stehen im ständigen Kontakt mit den Handwerksunternehmen in ihrer Region. Das Deutsche Handwerksblatt hat eine von ihnen um ihre Tipps zum Thema gebeten. Das sagt Patricia Weßeling, Betriebsberaterin der Handwerkskammer Düsseldorf:
Überprüfen Sie Ihr Angebot!
Wer seine Preise durchsetzen will, muss gute Verkaufsargumente haben. Sie sollten in 30 Sekunden erklären können, warum der Kunde zu Ihnen kommen soll. Argumente wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Qualität zählen nicht – das sind Selbstverständlichkeiten. Von einer Orange erwarte ich auch, dass sie süß ist! Allerdings: Wer hohe Preise verlangt, muss auch entsprechend in der Öffentlichkeit auftreten. Das reicht vom professionellen Internetauftritt und gut gestalteten Werbemateria-lien bis hin zu einem auffallenden (und sauberen!) Firmenwagen. Dort ist übrigens Ihre Internetadresse viel wichtiger – weil leichter zu merken – als eine lange Telefonnummer!
Sie können Ihre Kunden über Preiserhöhungen informieren – müssen es aber nicht!
Häufig wissen Kunden gar nicht, was eine handwerkliche Arbeit kostet. In den anderen Branchen können Sie Preiserhöhungen für Ihre Kunden öffentlich machen, müssen es aber nicht. Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen oder Preisverhandlungen ein, das gibt Ihrem Kunden letztlich nur das Gefühl, dass die Qualität nicht stimmt. Sie können stattdessen eine zusätzliche Dienstleistung oder einen besonderen Service anbieten.
Vertreten Sie Preiserhöhungen selbstbewusst und positiv!
Sie sollten von Ihrer eigenen Leistung überzeugt sein und sich auf keinen Fall mit Billiganbietern vergleichen oder mit ihnen konkurrieren. Wenn es in Ihrem Gewerk viele solcher Billiganbieter gibt, definieren Sie Ihre Zielgruppe und spezialisieren Sie sich! Eine Friseurmeisterin kann sich zum Beispiel an Frauen zwischen 35 und 55 Jahren richten, die auf Bioprodukte stehen. Dann bieten Sie vegane Produkte und Naturkosmetik an. Und denken Sie daran: Der Kunde ist durchaus bereit, für Qualität zu bezahlen!
Text:
Ulrike Lotze /
handwerksblatt.de
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