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EU-Asbestrichtlinie: Deutschland vor Bürokratie-Herausforderung

Betriebsführung

Ende Juli legte das Arbeitsministerium einen Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Asbestrichtlinie in nationales Recht vor. Bauverbände sowie das Maler- und Lackiererhandwerk betrachten eine Umsetzung in dieser Form als schlichtweg unverhältnismäßig und unzumutbar.

An der Umsetzung der EU-Richtlinie führt kein Weg vorbei. Zwei Jahre hatte Deutschland Zeit für die Umsetzung in nationales Recht. Die Frist läuft Ende dieses Jahres ab. Die Frage ist jedoch, was in der Praxis umsetzbar ist und wo evtl. nachkorrigiert werden kann, damit Handwerksbetriebe nicht vor lauter Bürokratie lahmgelegt werden.

Genehmigung von Abbrucharbeiten

"In der jetzigen Form wären nicht allein umfangreichere Abbrucharbeiten betroffen, sondern auch zum Beispiel das Abschlagen eines Fliesenspiegels im Rahmen einer Badsanierung", sagt Norbert Kluger, Experte für Gefahrstoffe bei der BG BAU. Denn nach der EU-Richtlinie muss ein "Asbest-Abbruch" offiziell von der Behörde genehmigt werden. Das hat enorme Auswirkungen auf den Verlauf von Sanierungsarbeiten, wenn vor jeder kleinteiligen Sanierungsaktion in einem asbesthaltigen Gebäude eine Genehmigung bei der Behörde eingeholt werden muss. Auch der Umfang der Angaben bei der Anzeige der Tätigkeiten mit Asbest wird ausgeweitet. Konkret heißt dies, dass die Namen der Beschäftigten nachgewiesen werden müssen, der Sachkundenachweis bei den Aufsichtsführenden vor Ort sowie der Fachkundenachweis (d. h. Grundkenntnisse zu Asbest) für die Beschäftigten plus Datum der letzten Vorsorgeuntersuchung.

Schulungsangebote noch nicht auf dem Markt

In den genannten Gewerken gibt es diese Nachweise (d .h. Sachkunde / Fachkunde) aktuell noch nicht, da Maler und Lackierer, Elektrohandwerker oder SHK-Betriebe bislang nicht betroffen waren bzw. sich nicht von den Regelungen betroffen fühlten. "Das wird eine große Herausforderung für das Handwerk und die Behörden", sagt Kluger. Entsprechende Schulungsangebote seien noch gar nicht auf dem Markt.

Der Zentralverband des Bauhandwerks (ZDB) startete dazu eine Umfrage bei Schulungseinrichtungen, mit ernüchterndem Ergebnis. Zwar gibt es Angebote zum "großen Sachkundenachweis" mit 17 Lehreinheiten, der in der Regel vom Aufsichtsführenden vor Ort erbracht werden muss, die kleinere Fachkunde mit zehn Lehreinheiten für Beschäftigte ist in den Bildungseinrichtungen jedoch bislang nicht angekommen.

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Schulungsangebote im Handwerk dringend ausbauen

Doch wie kommt man aus dem Schlamassel heraus, ohne dass die Baustellen in Deutschland lahmgelegt werden? Verhältnismäßigkeit wahren und Schulungsangebote erhöhen, so der Vorschlag des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz. Routinemäßige Arbeiten im Bereich der funktionalen Instandhaltung wie das Abreißen von Tapeten dürften nicht von der Neuregelung betroffen sein. Bei den Nachweisen für Mitarbeiter müsse das Thema Fluktuation mitgedacht werden, da ansonsten der bürokratische Aufwand ins Unermessliche steige.

Um den enormen Schulungsaufwand in den Griff zu bekommen, müsse es ermöglicht werden, dass aufsichtsführende Mitarbeiter, die über den Sachkundenachweis verfügen, innerbetriebliche Schulungen durchführen können. Da es derzeit jedoch zu wenig Angebote gebe, könne die geforderte Fachkunde nicht bis Ende des Jahres umgesetzt werden.

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Wesentliche Änderungen

Für Tätigkeiten mit Asbest im Bereich niedrigen oder mittleren Risikos soll eine Übergangsfrist zum Nachweis der Sachkunde bis zum 5. Dezember 2027 eingefügt werden. Während der Übergangsfrist ist für die aufsichtführende Person die Fachkunde nachzuweisen sowie Maßnahmen zu treffen, die die Entstehung, Freisetzung und Ausbreitung von Asbestfasern und von potenziell asbestfaserhaltigem Staub so weit wie möglich verhindern oder minimieren.

Im Rahmen der Umsetzung der EU-Asbestrichtlinie für Betriebe, die Abbrucharbeiten im Bereich niedrigen oder mittleren Risikos durchführen, ist eine Genehmigungspflicht geplant. Die Genehmigung soll aufgrund einer unternehmensbezogenen Anzeige erteilt werden, wenn der Arbeitgeber nachgewiesen hat, dass die für die Tätigkeiten notwendige personelle und sicherheitstechnische Ausstattung gegeben ist und die Einhaltung der einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften gewährleistet ist. Die Genehmigung wird dann für einen Zeitraum von sechs Jahren erteilt.

Zudem werden im Rahmen einer Eins-zu-eins-Umsetzung ergänzende Angaben im Rahmen einer Anzeige von Tätigkeiten mit Asbest vorgeschrieben. Bei den Angaben geht es konkret um eine Auflistung der voraussichtlich eingesetzten Beschäftigten sowie Nachweise der Fachkunde und der letzten Vorsorge.
Quelle: ZDH

Asbest beim Bauen im Bestand: Leitfaden für handwerksnahe Tätigkeiten Ein Leitfaden für den Umgang mit Asbest bei handwerksnahen Tätigkeiten ist auf der Internetseite der BG BAU als PDF kostenlos erhältlich. Neben Informationen zu Schutzmaßnahmen und Entsorgung enthält der Leitfaden unter anderem eine Checkliste zu den Maßnahmen. bgbau.de

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Text: / handwerksblatt.de

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