Schon jetzt können viele Elektrobetriebe ihre offenen Stellen besetzen.

Schon jetzt können viele Elektrobetriebe ihre offenen Stellen besetzen. (Foto: © auremar/123RF.com)

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Elektrohandwerk: "Politik vergisst den Fachkräftemangel"

Handwerkspolitik

Deutschland hechelt seinen eigenen Klimaschutzzielen hinterher. Die Politik will ihr Engagement deswegen deutlich steigern. Das ist gut, sagt das Elektrohandwerk. Nur vergesse sie dabei, dass das ohne ausreichende Fachkräfte nicht umsetzbar ist.

Die Maßnahmen im Bereich Klimaschutz in Deutschland sind in allen Sektoren unzureichend. Zu diesem Ergebnis kam das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium in seiner Bilanz zum Stand des Klimaschutzes in Deutschland. Minister Robert Habeck (Grüne) kündigte deshalb an, das Tempo bei der Energiewende verdreifachen zu wollen, um den "dramatischen Rückstand" aufzuholen und die im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimaziele zu erreichen.

Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) fordert seit Langem , dass es mehr Anstrengungen geben müsse, um die Energiewende zu beschleunigen, und begrüßt deswegen die Initiative des Klimaschutzministers. "Die Pläne von Robert Habeck sind ambitioniert, aber nicht unerreichbar. Unabdingbar für den Erfolg ist jedoch, dass die Zahl der für die Energiewende benötigten Fachkräfte schnell steigt", so ZVEH-Präsident Lothar Hellmann.

Elektrohandwerk überrascht

Habeck hat zwei Klimaschutzpakete angekündigt, mit denen die Weichen für alle Sektoren gestellt werden sollen, damit dort die Klimaziele erreicht werden können. Bis Ende dieses Jahres sollen alle dafür notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen abgeschlossen werden. Der ZVEH ist erstaunt, dass dass der Fachkräftebedarf in den bisher bekannten geplanten Maßnahmen der Klimaschutzministeriums keine Erwähnung finde.

In ihrem Regierungsprogramm hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf geeinigt, Deutschland bis spätestens 2045 klimaneutral zu machen. Der Anteil der erneuerbaren Energien zur Deckung des Strombedarfs soll bis 2030 bei 80 Prozent liegen. Bis 2030 sollen mindestens 15 Millionen E-Pkw auf deutschen Straßen fahren. Möglich sei das nur mit einem "massiven Ausbau der Solar- und Windenergie", betont der ZVEH. Dies wiederum sei ohne das Elektrohandwerk nicht zu machen.

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"Die Politik ist gefordert"

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"Denn allein um die vom Bundeswirtschaftsminister avisierte Steigerung auf 200 Gigawatt im Photovoltaik-Bereich (PV) zu schaffen – aktuell liegen wir hierzulande bei knapp 60 Gigawatt – und eine etwaige bundesweite PV-Pflicht umzusetzen, braucht es die Unterstützung der 520.000 Beschäftigten in den E-Handwerken." Das gelte ebenso für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Denn hierfür seien deutlich mehr öffentlichen Ladepunkten nötig. Zusätzlich sei der Ausbau der Stromnetze erforderlich und vor allem die Weiterentwicklung der elektrischen Anlagen in Gebäuden.

Der ZVEH fordert von der Politik, einen systematischen Aufbau gut ausgebildeter Fachkräfte innerhalb der dualen Bildung. "Hier, wie auch bei weiteren Flankierungsmaßnahmen, ist ganz klar die Politik gefordert", stellt der Verband klar. Die E-Handwerke selbst hätten bereits eine gute Vorarbeit geleistet mit einer nachhaltigen Nachwuchsarbeit und der Steigerung der Attraktivität der Ausbildung. Dennoch könnten viele Betriebe offene Stellen nicht besetzen. Grund dafür sei der der mit zusätzlichen Geschäftsfeldern, voranschreitender Digitalisierung und zunehmender Elektrifizierung größer werdende Fachkräftebdarf.

Planbarkeit und Verlässlichkeit gefordert

Außerdem sorge die Akademisierung dafür, dass sich immer weniger Schulabgänger für eine berufliche Ausbildung entscheiden. Hinzu komme der demografische Wandel, der das Problem zusätzlich verschärft. Deswegen sieht der ZVEH eine große Lücke bei der Versorgung der Branche mit Frachkräften. Der Zentralverband fordert eine weitsichtige Planung der Politik, um dieser Herausforderung zu begegnen und eine kontinuierliche Umsetzung entsprechender Maßnahmen, um Planbarkeit und Verlässlichkeit für die Betriebe zu schaffen.

Aufgabe der Politik sei es auch, mit den richtigen Rahmenbedingungen dafür zu sorgen, dass die Zahl der Elektrofachkräfte langfristig weiter steigen kann. "Denn der benötigte Fachkräfteausbau erfolgt nicht über Nacht, sondern nur über viele Jahre hinweg und ist daher nicht mit kurzfristigen Maßnahmen zu lösen." Alle an der Energiewende beteiligten Gewerke müsse die Bundesregierung an einen Tisch holen, "denn die Fachkräfteplanung und -qualifizierung für die Energiewende ist eine gewerkeübergreifende Aufgabe".

Das E-Handwerk fordert:

  • die Gleichstellung von beruflicher und akademischer Ausbildung, um die handwerkliche Ausbildung attraktiv zu halten,
  • eine Analyse seitens der Politik, wie viele zusätzliche Fachkräfte im Handwerk zur Umsetzung der Energiewende benötigt werden. Diese sollte unter Einbindung einschlägiger Handwerksinstitute sowie des ZVEH erfolgen,
  • Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen für Elektrofachkräfte.
  • Investitionen, um die Qualität und technische Ausstattung der beruflichen Bildungsstätten zu verbessern. Zudem muss die Qualität der Ausbildung dadurch weiter verbessert werden, dass die Anzahl der Lehrkräfte in den Berufsschulen gesteigert sowie die Qualifikation der Lehrenden sichergestellt wird,
  • Investitionssicherheit, damit handwerkliche Betriebe ihre Mitarbeiter in Zukunftsthemen im Bereich der Energiewende aus- und weiterbilden können,
  • Fördersysteme im Bereich der Energiewende müssen einfach ausgestaltet, verlässlich und langfristig angelegt sein, sodass die Energiewende für Kunden attraktiv ist und auch vom Handwerk als attraktiv wahrgenommen wird.

Pläne der Ampelparteien

Im Koalitionsvertag der Ampelregierung verzahnen die Parteien ihre Pläne in puncto Fachkräftesicherung nicht mit der Energiewende. Sie kündigen an, das duale System der beruflichen Ausbildung stärken und den Übergang von der Schule in die berufliche Bildung verbessern zu wollen. Sie wollen eine Exzellenzinitiative für die berufliche Bildung und die Fortführung der Allianz für Ausbildung anschieben. Hinzukommen soll eine nationale Weiterbildungsstrategie.

Die nötigen Fachkräfte wollen sie "durch bessere Bildungschancen, gezielte Weiterbildung, die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung sowie durch eine Modernisierung des Einwanderungsrechts gewinnen". Zusätzlich wollen sie die Durchlässigkeit von beruflicher und akademischer Bildung verbessern und eine Begabtenförderung in der beruflichen Bildung einführen. Kosten von Meisterkursen und -briefen sollen deutlich sinken. Menschen mit Migrationsgeschichte sollen im Ausbildungsmarkt besonders gefördert und Frauen im Handwerk gestärkt werden.

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Text: / handwerksblatt.de

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