Arbeitszeugnis: Eine Schlussformel ist nicht Pflicht
Arbeitgeber können ein Zeugnis mit freundlichen Schlussworten beenden, sie müssen es aber nicht. Das hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt und damit seine Rechtsprechung bestätigt.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Arbeitszeugnisse richtig schreiben
Typischerweise enden Arbeitszeugnisse für ausscheidende Mitarbeiter mit einer Schlussformel, die das Bedauern des Chefs über das Ausscheiden, Dank für die geleistete Arbeit und gute Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck zu bringt. Fehlt sie, wird das Zeugnis allgemein als schlechter bewertet. Jedoch ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, diese Formel zu benutzen, bestätigte das höchste deutsche Arbeitsgericht seine Rechtsprechung.
Hintergrund: Das Arbeitszeugnis muss grundsätzlich inhaltlich wahr und zugleich von verständigem Wohlwollen gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein. Es darf keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der Wortwahl ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Hierbei muss der Chef berücksichtigen, dass das Zeugnis regelmäßig als Bewerbungsunterlage für eine zukünftige Beschäftigung dient und damit Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber ist.
Der Fall
Ein Personaldisponent klagte gegen seine Kündigung. In einem gerichtlichen Vergleich einigte man sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. In dem Vergleich verpflichtete sich der Arbeitgeber dazu, ein qualifiziertes, wohlwollendes Arbeitszeugnis auszustellen. Das Zeugnis, das daraufhin ausgestellt wurde, enthielt eine zusammenfassende Leistungsbewertung, die mit der Note "befriedigend" bewertet wurde. Es enthielt jedoch keine Schlussformel.
Der Personaldisponent reichte daraufhin nochmals Klage ein, um sein Zeugnis berichtigen zu lassen. Der Ex-Arbeitgeber sollte gerichtlich verpflichtet werden das Zeugnis um eine Schlussformel zu ergänzen. Das Landearbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte noch zugunsten des Arbeitnehmers entschieden.
Das Urteil
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hob das Düsseldorfer Urteil auf und gab dem Arbeitgeber recht. Der Mitarbeiter habe nach § 109 GewO keinen Anspruch auf Aufnahme einer Schlussformel in den Zeugnistext.
Es begründete seine Entscheidung damit, dass verschiedene Grundrechte betroffen sind. Einerseits ginge es um die Meinungsfreiheit des Arbeitgebers aus Artikel 5 Grundgesetz (GG) und seine Unternehmerfreiheit aus Artikel 12 GG. Auf der anderen Seite sei die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers aus Artikel 12 GG betroffen, da eine Schlussformel seine beruflichen Chancen verbessert, sowie sein allgemeines Persönlichkeitsrecht des Artikel 2 GG. Bei der Abwägung dieser Grundrechte sei das Interesse des Arbeitgebers, seine innere Einstellung zum Arbeitnehmer nicht offenbaren zu müssen, höher zu gewichten als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Schlussformel, erklärten die Erfurter Richter.
Allein die Leistungsbeurteilung ist entscheidend
Der Zweck des Arbeitszeugnisses sei es, dem Leser einen Eindruck von der Qualifikation des Arbeitnehmers zu verschaffen. Die Schlussformel könne zwar das Zeugnis aufwerten, sage aber selbst nichts über die Leistung des Arbeitnehmers aus. Vielmehr drücke der Arbeitgeber so nur seine persönlichen Empfindungen aus. Deshalb habe sie keinen maßgeblichen Einfluss auf die Bewerbungschancen des Ex-Mitarbeiters. Ausschlaggebend für die Einschätzung eines potenziellen Arbeitgebers sei allein die Leistungsbeurteilung.
Das BAG widersprach auch dem Argument des LAG, dass die leicht überdurchschnittlichen Bewertung im Zeugnis und das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners einen Anspruch auf die Schlussformel begründeten. Die Vorschrift des § 109 GewO sei vorrangig und lege abschließend fest, was in einem qualifizierten Zeugnis stehen muss und was nicht.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Januar 2022, Az. 9 AZR 146/21
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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