Diesel-Skandal: VW-Software-Update ist zulässig
Anders als bei der ursprünglichen Abschalt-Software hat Volkswagen mit dem anschließenden Einbau des Updates nicht sittenwidrig gehandelt, sagt der Bundesgerichtshof.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) gibt Käufern eines VW-Diesel nach dem Aufspielen des Software-Update keinen Schadensersatzanspruch gegen Volkswagen. Anders als beim Einsatz der Abschalt-Automatik, sei dem Hersteller hier kein sittenwidriges Verhalten mehr vorzuwerfen, teilten die obersten Zivilrichter mit. Das Update, bei dem ein sogenanntes Thermofenster die Abgasfilter bei bestimmten Temperaturen ausschaltet, sei mit der vorher eingesetzten Technik nicht zu vergleichen.
Der Fall
Der Käufer eines VW Tiguan 2.0 TDI mit dem Motor EA189 verlangte Schadensersatz gegen Rückgabe des Wagens, den er erst nach Bekanntwerden des Skandals im September 2015 gekauft hatte. Die Software, die im Straßenbetrieb die Abgasfilterung ausschaltet, wurde im Dezember 2016 auch bei dem Fahrzeug ausgetauscht gegen ein Software-Update, das ein sogenanntes Thermofenster enthält. Es sorgt dafür, dass die Abgasreinigung bei bestimmten Außentemperaturen stark reduziert oder ganz abgeschaltet wird.
Der Käufer argumentierte, dass mit dem Software-Update eine neue, unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines "Thermofensters" implementiert worden sei. Außerdem habe das Update negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch und den Verschleiß des Fahrzeugs. Der Europäische Gerichtshof beurteilt Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung.
Die Entscheidung
Vor Gerichten in Rheinland-Pfalz hatte der Käufer keinen Erfolg. Der BGH wies nun auch seine Nichtzulassungsbeschwerde dagegen ab. Das Verhalten von VW sei nicht als sittenwidrig anzusehen, erklärten die Bundesrichter. Dies gelte selbst dann, wenn das Thermofenster eine unzulässige Abschaltvorrichtung sei.
Laut BGH ist das Gesamtverhalten von VW nicht als sittenwidrig zu qualifizieren. Denn es gebe keine Anhaltspunkte für einen bewussten Gesetzesverstoß. Während die ursprüngliche Schummelsoftware "unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielte und einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleichsteht", sei der Einsatz eines Thermofensters "nicht von vornherein durch Arglist geprägt", so die Mitteilung.
Kein Vorsatz bei VW-Verantwortlichen
Es müssten daher weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für VW handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Laut BGH würde das voraussetzen, dass diese Personen bei der Entwicklung oder Verwendung des Thermofensters "in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen." Anhaltspunkte hierfür gebe es jedoch nicht.
Auch dass das Thermofenster nach der – unterstellten – Behauptung des Klägers negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch und den Verschleiß der betroffenen Fahrzeuge habe, führe nicht zur Sittenwidrigkeit des Verhaltens von VW.
Schon bei den Thermofenstern von Daimler hatte der BGH im Januar eine ähnliche Entscheidung getroffen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. März 2021, VI ZR 889/20
Grundsatz-Urteil für Diesel-Käufer Am 25. Mai 2020 erklärte der Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 252/19): Der Besitzer eines VW mit Schummel-Software darf seinen Wagen zurückgeben und erhält einen Teil seines Kaufpreises zurück, ebenso wie Verzugszinsen. Denn VW habe ihn sittenwidrig getäuscht. Allerdings darf der Autokonzern für die gefahrenen Kilometer eine Nutzungsentschädigung abziehen.
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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