Bäcker: Verbraucher dürfen Kontrollberichte anfordern
Lebensmittel-Handwerk am Pranger? Verbraucher dürfen die Hygieneberichte von Bäckereien über das Internetportal Topf Secret anfordern und einsehen. Das hat ein Gericht entschieden.
Die zunehmende Kriminalisierung von Lebensmittelherstellern treibt Bäcker, Fleischer, Konditoren, Hoteliers und Restaurants schon länger um. Besonders ärgert man sich über die Veröffentlichung von Verstößen gegen Hygienevorschriften im Internet. Hier tobt seit Monaten ein Streit zwischen der Lebensmittelbranche auf der einen und Verbraucherschützern auf der anderen Seite.
Jetzt hat das Verwaltungsgericht München entschieden, dass es ok ist, wenn das Internetportal "Topf Secret" die Infos über Lebensmittelkontrollen bei zwei örtlichen Bäckereien an Verbraucher herausgibt, wenn es Beanstandungen gab. (Aktenzeichen M 32 SN 19.1346 und M 32 SN 19.1389, am 11. Juli bekanntgegebene Beschlüssen vom 8. Juli 2019).
Gab es Hygieneverstöße in der Bäckerei?
Lesen Sie hier mehr zum Thema Hygienekontrollen im LebensmittelhandwerkIm aktuellen Fall haben zwei Verbraucher beim Landratsamt München über "Topf Secret" um Mitteilung gebeten, ob es bei zwei konkreten Bäckereien in den letzten zwei lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen Beanstandungen gab.
Topf Secret ist eine Initiative von Foodwatch und FragdenStaat. Sie werben damit, dass Verbraucher die Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants, Bäckereien und anderen Lebensmittelbetrieben online abfragen und veröffentlichen können.Sollte dies der Fall sein, möchten die Verbraucher die Kontrollberichte zugeschickt bekommen. Das Landratsamt teilte den Inhabern der jeweiligen Bäckereien daraufhin mit, dass es die Berichte herausgeben werde.
Mit ihren Eilanträgen dagegen sind die Bäcker aber beim Gericht gescheitert. Gegen die Beschlüsse können sie nun innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen.
Wie das Gericht sein Urteil begründet:
Die Richter argumentierten, dass dem Informationsanspruch der Verbraucher keine schützenswerten Belange der Bäckereien entgegenstehen würden. Festgestellte Verstöße würden nicht unter ihr Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fallen, da an deren Geheimhaltung kein berechtigtes Interesse bestehe.
Zudem schützen die Grundrechte die Betriebe nicht vor Imageschäden und dadurch bedingte Umsatzeinbußen. Auch eine mögliche Veröffentlichung stehe einer Herausgabe der Kontrollberichte nicht entgegen.
Das Verbraucherinformationsgesetz regele lediglich die behördliche Veröffentlichung, nicht aber eine solche durch Private wie das Internetportal "Topf Secret" Auch entstehe durch die Veröffentlichung der behördlichen Kontrollberichte auf einer privaten Plattform nicht der Anschein eines behördlichen Informationshandelns.
Das Verbraucherinformationsgesetz begründe außerdem einen umfassenden Anspruch auf sämtliche im Zusammenhang mit Beanstandungen stehende rechtlich relevante Informationen, so das Verwaltungsgericht München. Somit beschränke sich der Anspruch auf Informationen über Beanstandungen anlässlich durchgeführter Kontrollen nicht auf ein konkretes Erzeugnis oder Verbraucherprodukt, sondern umfasst auch den Prozess der Herstellung, Verarbeitung und Lagerung des Lebensmittelprodukts.
Quelle: VG München
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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