(Foto: © Dmitry Kalinovsky/123RF.com)

Vorlesen:

Digitalisierung im Handwerk: "Die Vorteile sind extrem vielfältig"

Bei der Digitalisierung braucht das Handwerk "mehr Experimentierfreude", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Hier können die Betriebe viel von ihren Azubis lernen. Wie digital ist das Handwerk 2025 aufgestellt?

Die einen Betriebe stimmen Termine noch telefonisch ab und schicke die Rechnung mit der Post, während andere ChatBots in der Kundenkommunikation einsetzen, das Aufmaß mit der Drohne erstellen und Azubis über Soziale Netzwerke oder Videospiele gewinnen. Der Digitalverband Bitkom wollte wissen, wie digital das deutsche Handwerk zum Ausbildungsstart 2025 aufgestellt ist. Denn digital affine Unternehmen finden leichter Azubis und Fachkräfte.

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder Foto: © BitkomBitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder Foto: © Bitkom

Die repräsentative Umfrage quer durch alle Gewerke zeigt ein gemischtes Bild. Immerhin 85 Prozent der befragten Handwerksunternehmen bieten mindestens einen digitalen Service an -  beispielsweise den digitalen Rechnungsversand, eine Online-Beratung oder eine Online-Terminbuchung. Etwa die Hälfte nutzt bereits Cloud-Anwendungen. Aber: Künstliche Intelligenz (KI) ist erst bei vier Prozent im Einsatz. Neun Prozent der Befragten sind in der Planung. 

"Wir sehen eine extreme Spreizung des Digitalisierungsgrades im deutschen Handwerk", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Er ermuntert das Handwerk zu mehr Experimentierfreude insbesondere beim Einsatz von KI. "Einfach mal ausprobieren, man kann nichts falsch machen." Die Vorteile seien extrem vielfältig, betont der Bitkom-Chef. 

Gefragt nach den aktuellen Herausforderungen nennen die Betriebe an erster Stelle den Nachwuchsmangel (83 Prozent) und Fachkräftemangel (75 Prozent), außerdem die hohen Energiekosten (81 Prozent) und erst dann kommt die Digitalisierung (62 Prozent) und die IT-Sicherheit (60 Prozent). Knapp die Hälfte der Betriebe hat zudem gerade mit der Unternehmensnachfolge zu kämpfen.   

Das könnte Sie auch interessieren:

 

Foto: © BitkomFoto: © Bitkom

Immerhin sehen 89 Prozent der  Handwerksunternehmer in der Digitalisierung eine Chance und nur sechs Prozent ein Risiko. 

Wenn die Digitalisierung von den meisten Unternehmern als Chance betrachtet wird, wie steht es dann um die Einschätzung der eigenen Digitalkompetenz? "Hier geben sich die Handwerker im Durchschnitt lediglich die Schulnote drei. Das war bereits 2022 so. Wirklich viel Bewegung sehen wir an dieser Stelle nicht", sagt Bernhard Rohleder.  Und das, obwohl die Betriebe die großen Chancen sehen.

Handwerker wissen: Wir brauchen mehr Digitalkompetenz

Foto: © BitkomFoto: © Bitkom

Aber: Ohne digitale Technologien verlieren Unternehmen den Wettbewerb um Fachkräfte, das schätzen über die Hälfte aller deutschen Handwerksunternehmen (54 Prozent) so ein.

Dennoch investieren erst vier von zehn gezielt in Fort- und Weiterbildung der Mitarbeitenden zu Digitalthemen. Mehr als ein Drittel setzt zu Weiterbildungszwecken zumindest digitale Systeme und Plattformen ein, beispielsweise in Form von Webinaren. 

Drei Viertel der Betriebe sind der Ansicht, ihre Mitarbeitenden bräuchten mehr Digitalkompetenz, vor drei Jahren war erst rund die Hälfte dieser Meinung.

Welche Chancen sehen die Betriebe in der Digitalisierung?

  • An erster Stelle wird die Zeitersparnis genannt,
  • dann die bessere Sichtbarkeit beim Kunden.
  • Auch zur Sicherung eines Qualitätsstandards ,
  • zu optimierter Lagerung und Logistik 
  • sowie höherer Arbeitsplatzattraktivität
  • und körperlicher Entlastung  kann die Digitalisierung im Handwerk beitragen.

Mit digitalen Medien junge Talente gewinnen und von ihrem Können profitieren

Einen deutlichen Vorteil haben hier Ausbildungsbetriebe, denn sie können von dem Know-how Nachwuchskräfte profitieren, die mit Smartphones und den Sozialen Medien aufgewachsen sind. "Das ist eine klare Win-win-Situation", sagt Dr. Bernhard Rohleder. Gleichzeitig gilt umgekehrt: "Zur Gewinnung junger Talente führt für Handwerksbetriebe kein Weg an digitalen Medien vorbei."

Mehr als die Hälfte der Ausbildungsbetriebe im Handwerk lässt sich bei der Digitalisierung von ihren Azubis helfen (54 Prozent). 44 Prozent setzen digitale Technologien umgekehrt gezielt zur Gewinnung von Nachwuchs ein, indem sie ihre Ausbildungsplätze digital aufwerten und so attraktiver gestalten. Acht von zehn Ausbildungsbetrieben machen sich darüber hinaus die Möglichkeiten digitaler Medien zunutze, um potenzielle Auszubildende direkt anzusprechen – beispielsweise über soziale Netzwerke oder Videospiele.

Größte Sorge: Datenschutz und IT-Sicherheit

Der Bitkom wollte wissen, was die Bedenken und Hemmnisse der Betriebe sind:

  • Fast alle Betriebe haben Bedenken hinsichtlich IT- und Datensicherheit sowie Datenschutz (96 Prozent),
  • sieben von zehn Betriebe sehen die Digitalisierung durch hohe Investitionskosten gebremst (69 Prozent).
  • Etwa sechs von zehn geben außerdem an, dass ihr eine mangelnde Praxisreife der Technologien im Weg stünde (57 Prozent).
  • Auch die mangelnde Digitalisierung von Behörden und Verwaltung identifizieren knapp zwei Drittel der Handwerksunternehmen als Hürde für die Digitalisierung der Branche (63 Prozent). 

"Mangelnde Netzanbindung darf kein Grund mehr sein"

Foto: © BitkomFoto: © Bitkom

Eine große Hürde ist auch die mangelnde Digitalkompetenz der eigenen Mitarbeitenden (58 Prozent).

Und: Die Hälfte klagt über eine unzureichende Internetversorgung (49 Prozent). Eine Zahl, die den Bitkom verwundert. "Über 99 Prozent der deutschen Haushalte sind mit 5G versorgt, seit Mitte 2025 steht jedem zweiten Haushalt ein Glasfaseranschluss zur Verfügung, und der Ausbau soll bis 2030 abgeschlossen sein – die Netzanbindung darf für eine stockende Digitalisierung kein Grund mehr sein", sagt Rohleder. Es sehe so aus, als würden viele Betriebe die verfügbaren Bandbreiten gar nicht nutzen. 

Weitere Gründe für die schleppende Digitalisierung im Handwerk: Rund 40 Prozent der Befragten benennen einen mangelnden Zugang zu Daten und ebenso viele haben Berührungsängste gegenüber digitalen Technologien.

Die Nachfrage auf Kundenseite ist da

An einer fehlenden Nachfrage nach digitalen Angeboten scheitert die Digitalisierung des Handwerks aber nicht: Nur zwei von zehn Unternehmen beobachten ein mangelndes Interesse an digitalen Lösungen auf Kundenseite.

Über die Hälfte nutzt die Cloud, aber kaum jemand KI, warum ist das so? 

Künstliche Intelligenz wird erst in vier Prozent der deutschen Handwerksbetriebe eingesetzt, und lediglich jeder zehnte befindet sich dahingehend in Planungen. Die Betriebe erwarten, dass die Technologie Geschäftsmodelle im Handwerk vollständig verändern wird (33 Prozent) und dass KI bei frühzeitigem Einsatz einen Wettbewerbsvorteil für Handwerksunternehmen bedeutet (35 Prozent).

Die Hälfte der Handwerksbetriebe macht sich allerdings auch Sorgen, dass künstliche Intelligenz und Software bald vorgeben, wie Handwerkerinnen und Handwerker arbeiten müssen (52 Prozent). Ein großes Problem bei der Nutzung von KI liegt in den Kompetenzen der Beschäftigten: Nur drei von zehn Unternehmen verfügen über Mitarbeitende, die mit KI umgehen können (29 Prozent). 

Der Fachkräftemangel ist das drängendste Problem im deutschen Handwerk. Künstliche Intelligenz kann helfen, die so entstehenden Engpässe abzufedern", so Rohleder. "Jeder Handwerksbetrieb sollte sich mit KI beschäftigen."

Quelle: Bitkom; DHB

DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: