Die Arbeitnehmerin schloss den Masterstudiengang erfolgreich ab, dennoch wurde sie bei der Beförderung nicht berücksichtigt.

Die Arbeitnehmerin schloss den Masterstudiengang erfolgreich ab, dennoch wurde sie bei der Beförderung nicht berücksichtigt. (Foto: © Wavebreak Media Ltd/123RF.com)

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Der Chef kann die Kosten der Fortbildung selten zurückfordern

Verlangt der Arbeitgeber die Kosten einer beruflichen Fortbildung von seinem Mitarbeiter zurück, muss er die Bedingungen dafür vorher konkret festlegen. Ist seine Formulierung ungenau, kann er das Geld nicht zurückholen.

Viele Arbeitgeber ermöglichen es ihren Mitarbeitern, sich fortzubilden. Dies ist eine Investition, die sich in Form höher qualifizierter Mitarbeiter auch für den Chef auszahlt. Um die Leute zu binden, schließen Betriebe mit ihnen häufig sogenannte Rückzahlungsvereinbarungen ab. Kündigt der Arbeitnehmer vorzeitig, wird er so nachträglich an den Ausbildungskosten beteiligt. Allerdings sind die Gerichte sehr streng mit solchen Vereinbarungen. Immer wieder erklären sie die Klauseln für unwirksam. Wie in einem aktuellen Fall des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern.

Der Fall

Die Arbeitnehmerin schloss mit ihrem Chef eine Fortbildungsvereinbarung und nahm daraufhin ein berufsbegleitendes Masterstudium auf. In der Fortbildungsvereinbarung heißt es in Ziffer 4: "Scheidet Frau [...] vor Ablauf der Bindungsfrist von 3 Jahren aus persönlichen Gründen aus der Dienststelle aus, sind die dem Arbeitgeber entstandenen Teilnahmegebühren  zu erstatten." Die Beträge waren der Zeit entsprechend gestaffelt. 

Die Arbeitnehmerin schloss den Masterstudiengang erfolgreich ab, dennoch wurde sie bei der Beförderung nicht berücksichtigt. Mangels einer beruflichen Perspektive bewarb sie sich woanders. Der Ex-Arbeitgeber verlangte, dass die Frau ihm zwei Drittel der Teilnahmegebühren des Masterstudiengangs erstattet. Die Sache ging vor Gericht.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht stellte sich auf die Seite der Mitarbeiterin. Es urteilte, dass die Rückzahlungsklausel in der Fortbildungsvereinbarung unwirksam sei. Die Formulierung "aus persönlichen Gründen" differenziere nicht genug.

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Einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, sind grundsätzlich zulässig. Sie benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Es ist jedoch nicht zulässig, die Rückzahlung schlechthin an das Ausscheiden wegen einer Eigenkündigung innerhalb der Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des Ausscheidens differenziert werden.

Persönliche Gründe müssen vom Arbeitnehmer zu vertreten sein

Hier war eine Rückzahlung an "persönliche Gründe" geknüpft. Der Begriff differenziert nach Ansicht der Richter aber nicht ausreichend zwischen den möglichen Ursachen einer Beendigung und deren Zuordnung zum Verantwortungsbereich des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers. Es müsse nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens unterschieden werden, verlangt das Urteil. Darunter fallen sowohl von dem Arbeitnehmer zu vertretende als auch von ihm nicht zu vertretende Gründe. Ein nicht zu vertretender Grund liegt beispielsweise vor, wenn ein Arbeitnehmer dauerhaft erkrankt. Auch kann eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen familiärer Verpflichtungen ebenfalls ein persönlicher Grund sein, der von dem Arbeitnehmer nicht zu vertreten ist.

Wegen dieser Unklarheiten war die Klausel insgesamt unwirksam, entschied das Landesarbeitsgericht. Alle Unklarheiten gingen zu Lasten des Arbeitgebers.

Nach der Fortbildung keinen passenden Job gegeben

Das Gericht stützte die Unwirksamkeit auch noch auf einem weiteren Grund: Nach dem Ende des Masterstudiums hatte das Unternehmen keine Verwendung mehr für die erhöhte Qualifikation der Frau. Ist aber der Arbeitgeber nicht bereit oder nicht in der Lage, den Arbeitnehmer seiner neu erworbenen Qualifikation entsprechend zu beschäftigen, darf er die Fortbildungskosten nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 3. Mai 2022, Az. 5 Sa 210/21 

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Text: / handwerksblatt.de

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