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Multikulti: So gelingt das Miteinander

Betriebsführung

Multikulti ist in Unternehmen und im Kundenkontakt heute ganz normal. Die Kulturen vermischen sich und in der Regel klappt das auch problemlos. Was tun bei Missverständnissen?

"Bei uns zählt nicht, wo man herkommt. Sondern wo man hinwill", so heißt es ganz aktuell in der Resolution "Handwerk für ein weltoffenes Deutschland". An den Werkbänken, in den Backstuben und auf den Baustellen des Handwerks würden seit jeher Menschen unterschiedlicher Nationalität zusammen arbeiten. Geschicklichkeit, Kreativität, Genauigkeit, Kundennähe und Verantwortungsbewusstsein seien universelle Ansprüche, die verbinden! Unabhängig von Herkunft, Religion und Weltanschauung. 

Zur Resolution "Handwerk für ein weltoffenes Deutschland"Klingt gut. Doch wo Menschen zusammenarbeiten, da gibt es immer auch Missverständnisse. Die fangen  klein an und enden in einem Konflikt, wenn man nicht rechtzeitig miteinander redet, sagt Kommunikationstrainerin Andrea Mills. Im multikulturellen Team oder Kundenkontakt gibt es da einige Fallstricke.

Foto: © Andrea MillsEin Beispiel: Der typische deutsche Kunde erwartet, dass der Handwerker pünktlich ist und die Wohnung einigermaßen sauber hinterlässt. Wenn der Termin für 9 Uhr vereinbart wurde, wird der Deutsche spätestens um 9.15 Uhr unruhig. Zeit und Pünktlichkeit werden in der deutschen Kultur sehr genau genommen. Das heißt, dass man den Kunden bei einer Verspätung auch anruft. "In arabischen Ländern würde selbst halb zehn noch als völlig pünktlich durchgehen", weiß Andrea Mills.

Der Azubi mit arabischen Wurzeln muss also möglicherweise erst lernen, dass man sich hierzulande beim Kunden entschuldigt und anruft, wenn man nicht auf die Minute genau auf der Matte steht.

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Weitere Beispiele: Türkische, arabische oder japanische Kunden gehen davon aus, dass jeder Gast seine Schuhe auszieht, bevor er die Wohnung betritt. Deutsche Kunden setzen das nicht unbedingt voraus – wohl aber, dass man sich zur Begrüßung die Hand schüttelt. Was hierzulande als ein Zeichen der Höflichkeit gilt, ist wiederum in anderen Kulturen gar nicht üblich. In ganz traditionellen Familien bei Frauen sogar verboten.

Wem gebe ich die Hand, wo ziehe ich die Schuhe aus?

Wem gebe ich also die Hand, wem nicht? Wo ziehe ich die Schuhe aus oder wie erkläre ich, dass ich die Sicherheitsschuhe anbehalten muss und stattdessen einen Läufer für den Boden mitgebracht habe? Wie gehe ich mit Verspätungen um? "Hier ist viel Fingerspitzengefühl gefragt, gerade bei jungen Mitarbeitern", sagt Andrea Mills.

Unter dem Motto "Typisch anders" hat sie ein Seminar für die interkulturelle Kommunikation in Kooperation mit der Handwerkskammer Düsseldorf entwickelt. Mills, die sich durch ihre Knigge-Seminare und Bücher zum Thema "Botschafter im Blaumann" im Handwerk bundesweit einen Namen gemacht hat, wirbt dafür, sich gegenseitig mit viel Respekt zu begegnen. "Wir leben ja zum Glück in einer Gesellschaft mit multikulturellen Werten. Diese machen es aber Dienstleistern und ihren Kunden nicht immer einfach."

Aber vieles sei gar nicht so anders. Und man kann ja immer nachfragen, wenn man sich nicht sicher ist. Beim Thema Händeschütteln wiederum kann man im Zweifel kurz abwarten, ob vom Gegenüber eine Hand kommt oder nicht. Eine wichtige Rolle würde die Chefin und der Chef selbst spielen. Sie seien die Vorbilder, sie müssten zeigen, welche Werte das Unternehmen lebt. "Von selbst können die Mitarbeiter das nicht wissen", betont Mills.

Blöde Sprüche sind fehl am Platz

Und: "Die Werte im deutschen Handwerk  sind wertvoll. Die sollte man bewahren, kommunizieren und auch einhalten." Wichtig sei gegenseitige Toleranz: "Gerade in kleinen Handwerksbetrieben, wo man sehr eng zusammenarbeitet, läuft die Zusammenarbeit von Kollegen aus verschiedenen Nationen doch sehr gut." Man müsse eben sehr viel reden, nach Gemeinsamkeiten suchen und für die Andersartigkeit Verständnis aufbringen.

Etwa dafür, dass ein Kollege bei der Geburtstags- oder Firmenfeier kein Bier mittrinkt oder das Mettbrötchen und die Bratwurst ablehnt. Egal ob das nun ein Moslem oder Vegetarier ist – blöde Sprüche sind hier immer Fehl am Platz. "Das muss überhaupt nicht groß thematisiert werden", findet Andrea Mills. "Die Chefs sollten das Thema im Zweifel bei ihrer Belegschaft auch ansprechen. Und sie könnten bei dem Fest auch einfach zwei Grills aufstellen und alternativ auch Lammfleisch und Vegetarisches anbieten."

 


Fettnäpfchen vermeiden

Informieren: Es lohnt sich, sich mit der anderen Kultur oder Religion zu beschäftigen. Umso mehr man die Menschen versteht, umso besser kann man Formulierungen einordnen.

Nachfragen: Bei Unklarheiten sollte man am besten einfach nachfragen. Etwa wenn man sich nicht sicher ist, wie etwas gemeint ist. Und man sollte nicht alle Aussagen gleich auf die Goldwaage legen. 

Nein-sagen: Die Deutschen sind bekannt für ihre Direktheit und offene Kommunikation. In vielen anderen Ländern wird indirekter miteinander gesprochen. In vielen Ländern sagt man niemals "nein", selbst wenn man "nein" meint. Es gilt sogar als unhöflich, eine Frage mit Nein zu beantworten. Engländer würden vielleicht "maybe" sagen und dabei verschmitzt lächeln, ein Japaner würde diskret das Thema wechseln und im türkischen Miteinander wird das häufig nur mit einer leichten, rückwärtigen Kopfbewegung und einem Zwischenlaut kommentiert. 

Freundschaft: In Deutschland ist man in der Regel nur dann ein Freund, wenn man sich gut und länger kennt. In anderen Ländern geht man mit dem Begriff lockerer um. Da wird man auch schon mal "mein Freund" genannt, ohne sich besser zu kennen. Auch das sollte man dann nicht auf die Goldwaage legen.

Essen und Trinken: Hier lauern einige Fettnäpfchen, die man vermeiden kann, indem man sich vorab informiert und dann auf die Bedürfnisse aller Kollegen/Mitarbeiter eingeht. 

Familie: Die Familie ist in vielen Kulturen heilig und deshalb ein Tabuthema. 


Buchtipp:

Andrea Mills:
Benimm beim Kunden ist keine Glückssache – Tipps fürs junge Handwerk
Verlagsanstalt Handwerk  
136 Seiten Seiten, 14,80 Euro zuzüglich Versandkosten

Zu bestellen im VH-Buchshop bei Bärbel Walhöfer
Tel.: 0211/39098-64 oder per E-Mail unter: walhoefer@verlagsanstalt-handwerk.de

Text: / handwerksblatt.de

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