(Foto: © Antonio Guillem/123RF.com)

Vorlesen:

Reklamationen: So reagieren Sie richtig!

Betriebsführung

Was soll ein Unternehmer im Handwerk tun, wenn sein Kunde unzufrieden ist, weil das Produkt nicht funktioniert oder eine Macke hat? Thomas Hollweck, Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Verbraucherrecht, erklärt, welche Rechte Käufer und Verkäufer haben.

Der neue Fernseher läuft nicht, die Brille drückt furchtbar auf den Ohren, und an der teuren Kette funktioniert der Verschluss nicht richtig. Welche Rechte haben Kunden und Ladenbesitzer im Fall einer Reklamation? "Zunächst darf der Verkäufer einen Blick auf den Defekt werfen", erklärt Rechtsanwalt Thomas Hollweck. Er muss die Chance haben, den Fehler gleich vor Ort zu beheben. Wenn der Kunde das wünscht, muss der Betrieb die Ware allerdings hierfür beim Kunden abholen – insbesondere bei großen Geräten. "In Fällen von Reklamation und Gewährleistung ist das gesetzlich geregelt." Bringt der Kunde die Ware selbst vorbei, kann er sich sogar die Fahrtkosten erstatten lassen. Das gilt auch für Portokosten.

Kann der Ladenbesitzer den Schaden nicht sofort beheben, darf der Kunde im Rahmen der Gewährleistung zwischen einem neuen Gerät und einer Reparatur wählen, erklärt der Experte für Verbraucherrecht. "Der Kunde hat die freie Wahl", betont Thomas Hollweck. Wenn es das Produkt nicht mehr gibt, dann kann er einen gleichwertigen neuen Artikel verlangen.

Weder Originalverpackung noch Original-Kassenbon nötig

Der Käufer benötigt bei einer Reklamation nicht die Originalverpackung der Ware, wie es häufig verlangt wird. "Es ist keinem Kunden zumutbar, Berge von Verpackungsmüll für einen eventuellen Gewährleistungsfall jahrelang aufzubewahren." Und Kunden müssen nicht den Original-Kassenbon vorlegen, wenn sie ihn nicht mehr finden. Es gibt keine gesetzlich niedergeschriebene Pflicht, dass der Käufer seinen Kassenbon aufbewahren muss. Den Kauf kann der Kunde alternativ auch durch den Kontoauszug belegen, wenn er mit der EC- oder Kreditkarte bezahlt hat. Belegen muss er seinen Einkauf aber.

Auch die Aussage "Reduzierte Artikel sind in den meisten Geschäften vom Umtausch ausgeschlossen" hält nicht immer stand, weiß der Berliner Verbraucheranwalt. Dass die Ware im Preis reduziert wurde, mindere nicht die Gewährleistungsrechte der Kunden. "Ihnen steht auch bei reduzierter Ware die volle Bandbreite der Gewährleistungsrechte zur Verfügung."

Das könnte Sie auch interessieren:

Normale Reparaturdauer muss akzeptiert werden

Wenn das Geschäft bei einer Reklamation die Ware nicht erneut bereitstellen kann – weil sie ein Unikat oder eine spezielle Kundenanfertigung ist –, dann muss der Kunde eine Reparatur hinnehmen. Unzumutbar sei die Reparatur nur dann, wenn sie besonders lange dauert, so Hollweck. "Eine normale Reparaturdauer muss der Käufer akzeptieren. In der Regel sind das zwei bis drei Wochen."

Die Kunden sind außerdem verpflichtet der Werkstatt eine zweite Chance zu geben, wenn nach der Reparatur erneut ein Fehler auftritt. Erst wenn der zweite Versuch auch danebengeht, kann der Kunde vom Kaufvertrag zurücktreten, so der Berliner Anwalt. Dieses Recht hat der Käufer übrigens auch dann, wenn es zwei völlig verschiedene Defekte waren, die innerhalb der Gewährleistungsfrist aufgetreten sind. "Erst danach kann der Kunde vom Kauf zurücktreten."

Bei einem Produkt, das einen besonderen Wert hat – vielleicht weil es ein Unikat ist – und das trotz eines Mangels noch funktioniert, kann der Kunde das Stück behalten, und er darf vom Verkäufer nachträglich eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Richtlinien zur Höhe der Wertminderung gibt es aber nicht. Hollweck: "Im Idealfall einigt man sich. Bei einem Gerichtsverfahren müsste der Minderungsbetrag genau ermittelt werden, womöglich unter Hinzuziehung von Gutachtern. Das kann teuer werden."

Ein Teil des Kaufpreises oder alles zurück?

Wenn das defekte Teil nicht mehr zu gebrauchen ist, darf der Kunde einen Rücktritt vom Kaufvertrag verlangen. Der Vertrag wird dann rückabgewickelt. Umstritten ist die Frage, ob der Käufer eine Nutzungsentschädigung zahlen muss. "Geht man streng nach dem Gesetzestext vor, so muss der Kunde keinen Wertersatz leisten, er erhält den vollständigen Kaufpreis zurück. Denn es ist nicht seine Schuld, dass die gekaufte Ware defekt ist, er soll dadurch keine Nachteile erleiden", erklärt Thomas Hollweck.

Dennoch habe der Bundesgerichtshof im Falle eines Autokaufs entschieden, dass ein Wertersatz geleistet werden muss. "Das heißt, der Käufer erhält nach dem Rücktritt vom PKW-Kaufvertrag nur einen Teil seines Geldes zurück." In einem anderen Urteil, dort ging es um ein technisches Gerät, hat der BGH aber gesagt, dass der Kunde keine Nutzungsentschädigung zahlen muss. Er erhält den vollen Kaufpreis zurück.

Umtausch eines Fehlkaufes?

Fehlkäufe kennt jeder. Das Thema Umtausch ist nicht nur nach Weihnachten im Einzelhandel aktuell. Doch ein Recht darauf hat der Kunde nicht, weiß Rechtsanwalt Thomas Hollweck.

Die meisten Kunden denken, so ein Umtausch sei ihr gutes Recht. Sie sind es gewohnt, dass vor allem die großen Handelsketten die Ware innerhalb von zwei oder vier Wochen problemlos zurücknehmen. Die Läden tauschen das Produkt also auch dann um, wenn es völlig fehlerfrei ist. "Das ist aber reine Kulanz", erklärt der Berliner Anwalt. "Das ist eine freiwillige Entscheidung des Händlers und hat nichts mit gesetzlichen Gewährleistungsrechten zu tun." Ein gesetzlich geregeltes Umtauschrecht hat der Kunde nur, wenn die Ware einen Mangel hat.

Gutschein statt Geld?

Dennoch kommt ein Großteil der Geschäfte seinen Kunden entgegen und gibt das Geld zurück, wenn es ein klassischer Fehlkauf war. Kleinere Fachgeschäfte stellen ihren Kunden alternativ lieber einen Gutschein aus, wenn sie den Artikel zurücknehmen. Dann ist ihnen garantiert, dass der Kunde noch einmal den Laden betritt oder sich gleich vor Ort neu beraten lässt.

"Wenn ein Fachgeschäft einen Gutschein statt Geld ausstellt, gilt dieser nach der gesetzlichen Verjährungsfrist drei Jahre. Alternativ kann der Verkäufer den Gutschein befristen. Eine gesetzliche Regelung dazu gibt es nicht. Zu knapp sollte die Frist aber nicht bemessen sein. Das Landgericht München urteilte in einem Fall, dass eine zehnmonatige Befristung unangemessen kurz sei.

Einen professionellen Umgang mit Reklamationen und unzufriedenen Kunden kann man lernen

Er ist auf 180, er hat sich die ganze Nacht überlegt, wie er seinen Frust in Wort fassen soll, er duldet keinen Aufschub: Ein unzufriedener Kunde am Telefon oder im Laden ist eine ganz besondere Herausforderung für jeden Handwerker. Jetzt heißt es, professionell auf die Beschwerde eingehen und sich nicht in seiner Ehre als Meister oder Geselle gekränkt fühlen.

Gerade wenn man weiß, dass es bis zu 20 mal so viel kostet, neue Kunden zu gewinnen wie alte zu erhalten, können Handwerker es sich nicht leisten, Kunden zu verlieren. Es sei denn, es sind notorische Nörgler, die man gerne aus seiner Kundendatei streicht. Marketingexperten gehen davon aus, dass 82 Prozent aller Kunden wieder in einem Unternehmen einkaufen, das Reklamationen schnell und zu ihrer Zufriedenheit behandelt. Und da heißt es dann zuhören, nicht dagegen argumentieren, sondern Verständnis zeigen, sich entschuldigen und Brücken bauen – so schwer es manchmal fallen mag.

Wie Kunden auch in Zukunft Ihrer Firma treu bleiben

Es geht darum, das Vertrauen bei einem enttäuschten Kunden wieder herzustellen, damit der Kunde auch in Zukunft der Firma treu bleibt. Höchste Priorität haben hier die Kunden, die mit ihrer Reklamation recht haben. Denn sie haben noch Vertrauen in die Leistung des Betriebs. Im Gegensatz zu den Kunden, die sich ärgern aber nichts sagen, zum Konkurrenten wechseln und im Familien- oder Bekanntenkreis schlecht über das Unternehmen sprechen.

In ihrem Buch "Reklamationsmanagement als Reklame" schreibt das Autorentrio Doris und Lothar Stempfle sowie Ricarda Zartmann, dass es Unternehmern und ihren Mitarbeitern hilft, wenn sie mit Reklamationen rechnen und diese als Herausforderung betrachten. Dann sei nicht gleich Alarmstufe Rot, wenn tatsächlich mal ein unzufriedener Kunde am Telefon ist. Und man sollte versuchen, so die Autoren, sich den Kunden als ganz sympathischen Menschen vorzustellen, auch wenn er gerade wutschnaubend im Geschäft steht. So sei es leichter, den Mensch für sich einzunehmen, einen Zugang zu ihm zu finden. 

Die Ursachen für den Fehler interessieren den Kunden nicht

Die Autoren empfehlen, im Reklamationsgespräch weniger selbst zu reden, sondern dem Kunden viele Fragen zu stellen und ihn in seinem Redefluss auf keinen Fall zu unterbrechen. So signalisiert man ihm, dass einem viel an seiner Meinung gelegen ist, und erhält zudem alle Informationen, die für die Reklamationsbearbeitung wichtig sind.

Die Ursachen für den Fehler – Kostendruck, schlechte Auszubildende oder ein hoher Krankenstand im Betrieb – interessieren den Kunden dabei überhaupt nicht. Darüber sind sich die Marketing-Experten einig. Ihn interessieren nur Lösungen und ein guter Service. Jede Reklamation muss dann sofort bearbeitet werden. Wenn dies nicht möglich ist, weil vielleicht noch Informationen oder Ersatzteile fehlen, dann muss der Kunde umgehend angerufen werden. Denn er soll jederzeit das Gefühl haben, dass er ernst genommen und sein Problem absolut professionell behandelt wird.

Wiedergutmachung

Zusätzlich kann der Kunde auch noch mit einer Wiedergutmachung überrascht werden. Damit der Kunde das Vertrauen behält, muss man ihm persönlich und eindeutig sagen, wofür die Wiedergutmachung ist. Mögliche Wiedergutmachungsgeschenke sind Blumen oder Wein, Werbegeschenke, ein Preisnachlass, ein Schwimmbadgutschein oder die Übernahme zusätzlicher Kosten bzw. Leistungen.

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: