NRW habe eine hohe Verkehrsbelastung, sei Stauland Nummer eins in Deutschland und viele Brücken und Straßen seien marode.

NRW habe eine hohe Verkehrsbelastung, sei Stauland Nummer eins in Deutschland und viele Brücken und Straßen seien marode. (Foto: © Aleksandrs Tihonovs/123RF.com)

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NRW-Wirtschaft sieht Investitionsoffensive in Gefahr

Handwerkspolitik

Sieben Wirtschaftsverbände wenden sich an den Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Ihre Sorge: Das Geld aus dem Sondervermögen für die Infrastruktur könnte für ohnehin geplante Projekte benutzt, ohne dass zusätzliche Maßnahmen eingeleitet werden.

Die Bundesregierung hat in ihrem aktuellen Haushaltsentwurf für das laufende Jahr ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Länder zur Modernisierung der Infrastruktur zur Verfügung gestellt."Die Modernisierung Deutschlands gelingt nur gemeinsam. Mit der Errichtung des Sondervermögens stehen den Ländern und Kommunen deshalb 100 Milliarden Euro für Investitionen in ihre Infrastruktur zur Verfügung. Die Bundesregierung erwartet davon einen enormen Investitionsschub in Kitas, Schulen und Universitäten, aber auch in die Verkehrsinfrastruktur vor Ort", so die Regierung.

Ursprünglich geplant war, dass mit dem Geld zusätzliche Maßnahmen finanziert werden. Es sollte also keine Mittel aus dem Sondervermögen in ohne geplante Projekte fließen. Den Begriff "Zusätzlichkeit" hat die Regierung gestrichen. Die Sorge der Wirtschaft ist nun, dass die Länder in ihren Kernhaushalten enthaltene Investitionen kürzen könnten, um mit Geld aus dem Sondervermögen zu ersetzen. Die nordrhein-westfälische Wirtschaft wendet sich deshalb mit einem Brief an den Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) und fordert ihn auf, am Grundsatz der Zusätzlichkeit festzuhalten und Investitionen aus dem Kernhaushalt nicht in das Sondervermögen zu verschieben.

"Gesetzesfassung verfehlt die Realität vor Ort"

"Mit großer Sorge verfolgen wir die aktuellen Entwicklungen zu den Haushaltsplanungen auf Bundes- wie auch auf Länderebene. Der vom Bundeskabinett beschlossene Haushaltsentwurf für 2025 und die Eckwerte bis 2029 weichen in zentralen Punkten erheblich von den bislang kommunizierten Zielen des Sondervermögens Infrastruktur ab, heißt es in dem Schreiben der sieben Verbände, darunter Handwerk.NRW, der Westdeutsche Handwerkskammertag und die Bauverbände.NRW. Besonders die versprochene "Zusätzlichkeit" der Mittel sei nicht mehr gegeben, wenn Investitionen im Kernhaushalt gekürzt und anschließend durch Mittel des Sondervermögens ersetzt würden.

"Genau dieses Vorgehen befürchten wir nun auch auf Länderebene, nachdem der Bund so vorgelegt hat. Dringend notwendige industriedienliche Infrastrukturinvestitionen bleiben so aus." Grundsätzlich sei die Beteiligung der Länder und Kommunen am Sondervermögen zu begrüßen. Doch die vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzesfassung zur Errichtung des Sondervermögens verfehle die Realität vor Ort. Damit gerate das politische Ziel in Gefahr. "Besonders kritisch ist aus unserer Sicht, dass bislang keine klare Regelung zur Mittelverteilung auf die Kommunen vorliegt."

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Großer kommunaler Investitionsstau

Die geplante Zuweisung über die Länder beinhalte das Risiko, dass Städte und Gemeinden nur einen Bruchteil der Mittel erhalten könnten. Dabei seien es gerade die Kommunen, die unter Druck stehen: Der kommunale Investitionsstau sei laut aktueller KfW-Berechnungen zuletzt um 30 Milliarden Euro auf 215 Milliarden Euro gestiegen. Rund 2.500 Brücken in NRW seien marode, mehr als 30 Prozent der Autobahnbrücken seien sanierungsbedürftig. Ein großer Teil der Landstraßen sei in einem schlechten oder sogar sehr schlechten Zustand. Diese Probleme beschränkten sich nicht nur auf den Bereich Straßenverkehr, sondern beträfen auch die Schiene und Wasserstraßen.

Für den Erhalt und Ausbau der Landesstraßen brauche es Investitionen von etwa 600 Millionen Euro, erklären die Verbände. Für Erhalt und Ausbau der Landesstraßen wurden 2021 268 Mio. Euro investiert. Um die seitdem erfolgten Preissteigerungen auszugleichen und einen angekündigten "Hochlauf" umzusetzen, wären heute rund 600 Mio. Euro erforderlich. Veranschlagt aber nur 311 Millionen. "Daher ist es von großer Bedeutung, dass die bisher leider ausgebliebene Anpassung der Investitionsansätze an den tatsächlichen Bedarf nun nachgeholt wird. Das nun angekündigte und beschlossene Sondervermögen bietet die Chance, gegenzusteuern."

Mehr Mittel für NRW gefordert

Das Land müsse deswegen planen, welche Mittel es aus dem Sondervermögen benötigt, und wie diese eingesetzt werden sollen. Hierzu gehören auch Planungsvorräte für konkrete Projekte. "Ein diesbezüglich vorausschauendes Agieren ist aus unserer Sicht wesentlich, um vorbereitet zu sein, wenn zusätzliche Mittel zur Verfügung stünden." NRW erhalte nach dem Verteilungsschlüssel "beachtliche" Mittel. Das Land sei aber ein "hervorstechender verkehrsinfrastruktureller Hot Spot" mit dichtem Verkehrsnetz, hoher Auslastung und damit verbundener Abnutzung. "Deshalb ist aus Sicht der Wirtschaftsverbände eine höhere Quote für NRW angemessen und sachgerecht."

Das sind die Kernforderungen der NRW-Wirtschaft:

  • Es bedarf angemessener und industriedienlicher Investitionen in unsere Infrastruktur.
  • Die Sanierung und Erhaltung unserer Infrastruktur muss in den Blick genommen werden. Gleichzeitig ist jedoch eine umfassende Betrachtung des Investitionshochlaufs erforderlich inklusive – wo nötig – Investitionen in Aus- und Neubau, insbesondere dort, wo unsere Straßen, Schienen und Wasserwege regelmäßig überlastet sind.
  • Wichtig ist eine bedarfsgerechte Verteilung von Bundesmitteln, insbesondere aus dem Sondervermögen Infrastruktur, die der volkswirtschaftlichen Bedeutung Nordrhein- Westfalens gerecht wird.
  • Ein wesentlicher Baustein für den effektiven Einsatz von Investitionsmitteln in Infrastrukturen in NRW ist die bestmögliche Transparenz in den Planungen zu Erhaltung, Sanierung und Ausbau, insbesondere der Verkehrsinfrastruktur durch Vorlage konkreter Finanzierungs- und Realisierungspläne.

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Text: / handwerksblatt.de

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