Mängelrüge: Handwerker muss nicht nach möglichen weiteren Fehlern suchen
Klagt der Kunde wegen eines Mangels, hemmt das nicht die Verjährung eines anderen Mangels. Der Unternehmer muss überblicken können, was von ihm erwartet wird, urteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken.
Verjährungshemmende Maßnahmen – wie eine Klage – des Kunden betreffen nur den konkret gerügten Mangel. Andere Mängel sind davon nicht betroffen und können somit verjähren, entschied das Oberlandesgericht Saarbrücken.
Der Fall
Eine SHK-Firma installierte im Keller eines Einfamilienhauses eine Heizungsanlage. Der Bauherr rügte anschließend eine zu geringe Kopfhöhe der unterhalb der Decke montierten Ausblasleitung. Zur Beseitigung dieses Mangels verlangte er eine Drehung der Anlage um 90 Grad. Seine Klage auf einen Kostenvorschuss von 10.000 Euro blieb aber ohne Erfolg.
Später reichte der Bauherr erneut Klage ein. Diese stützte er darauf, dass die beschriebene Drehung nicht ausreiche, um den Mangel zu beheben. Vielmehr müssten auch Wanddurchbrüche vorgenommen werden. Er forderte jetzt einen Kostenvorschuss von rund 40.000 Euro.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht Saarbrücken wies die Klage – wie zuvor schon das Landgericht – wegen Verjährung ab. Denn die Forderung des Bauherrn gehe weit über das Klagebegehren des ersten Prozesses hinaus. Daher habe die vorherige Klage nicht die Verjährung gehemmt. Verjährungshemmende Maßnahmen würden grundsätzlich immer nur den konkret im Raum stehenden Mangel und nicht sonstige Mängel betreffen. Die auf ein konkretes Problem bezogene erste Mängelrüge könne daher andere – noch nicht gerügte – Mängel nicht erfassen.
Die Mängelrüge diene dazu, dass der Unternehmer überblicken kann, was ihm vorgeworfen wird und was von ihm als Abhilfe erwartet wird, betonten die Richter. Das reine Vorbringen konkreter Mängel gebe dem Unternehmer keinen Anlass, das gesamte Werk zu überprüfen und nach möglichen weiteren Mängeln zu suchen. Bleiben Mängel unentdeckt oder ungerügt, läuft für diese die Verjährung weiter, stellte das Gericht klar.
Praxistipp
"Für die Praxis heißt dies, dass die Werkunternehmer sich grundsätzlich lediglich auf die konkret gerügten Mängel konzentrieren müssen, erklärt Rechtsanwältin
Sabine Schönewald, Hauptabteilungsleiterin bei der Handwerkskammer zu Köln. "Durch die Rüge von Mängeln entsteht keine Pflicht für den Unternehmer, nach möglichen weiteren Mängeln zu suchen. Sollten nach Verjährungsablauf neue Mängel erstmalig moniert werden, kann die Mangelbeseitigung grundsätzlich unter Verweis auf die Verjährung verweigert werden."
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 19. Oktober 2022, Az. 2 U 229/21
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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