Meisterdesigner Tobias von Reth (l.) und Paul Schmachtenberg haben sich mit ihrem Holz- und Metallbau-Betrieb erfolgreich selbstständig gemacht. (Foto: © Andreas Schmitter)

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Meisterdesigner-Duo aus Aachen gründet erfolgreich

Manchmal braucht man neue Eindrücke und Erfahrungen, um beruflich zurück in die Spur zu finden. Bei Tobias von Reth und Paul Schmachtenberg war es das Studium zum Meisterdesigner.

Frust und ein Gefühl der inneren Leere führen Paul Schmachtenberg und Tobias von Reth zusammen. Als der Tischler und der Metallbauer ihr Designstudium antreten, haben beide keine Lust mehr auf ihren erlernten Beruf. "Man geht an die Akademie Gut Rosenberg, weil man etwas sucht", ist Paul Schmachtenberg überzeugt. Sie sehnen sich nach Kreativität, wollen über den Tellerrand ihres Gewerks blicken, brauchen neue Eindrücke. Während der drei Jahre in Aachen meiden beide möglichst die ihnen vertrauten Werkstoffe. Stattdessen lassen sie sich von anderen Materialien inspirieren. Sie arbeiten etwa mit Beton, zeichnen viel. "Indem ich von überall etwas mitgenommen habe, ist mit der Zeit die Liebe zum Metall wieder aufgeflackert", erinnert sich Tobias von Reth.

Designstudium inklusive Meisterbrief 

An der Akademie haben sie viele gemeinsame Projekte. Dazu gehört auch der Meisterbrief, der parallel zum Designstudium angeboten wird. Für Paul Schmachtenberg ist er eigentlich zweitrangig. "Bei mir waren beide Stundenpläne aufeinander abgestimmt. Also dachte ich: Dann mache ich den Meister eben mit." Da Tobias von Reth in seinem Jahrgang der einzige Metallbauer ist, muss er die Fachtheorie und Fachpraxis in Abendschule absolvieren. Dass sie auch nach dem Abschluss zusammenarbeiten könnten, ist anfangs nur Flachserei. "Und", fragen sich die beiden, wenn sie sich auf dem Gelände treffen, "wann machst du dich selbstständig? Stellste mich ein?" Doch bis dahin dauert es noch etwas. Nachdem sie Gut Rosenberg 2012 verlassen haben, vergehen noch fünf Jahre. In dieser Zeit merken die beiden, wie unzufrieden sie als Arbeitnehmer sind. "Wir sind durch das Studium an der Akademie aus diesem Angestelltenverhältnis rausgewachsen", fasst Schmachtenberg den Entwicklungsprozess zusammen. Es sei dann eben nur noch eine einzige Option übrig geblieben. 

Die Akademien für Gestaltung und Bildungszentren der Handwerkskammern bieten die gewerkeübergreifende Weiterbildung zum "Gestalter im Handwerk" an. Sie dauert in der Vollzeitform zwölf bis 18 Monate, in der berufsbegleitenden Variante eineinhalb bis drei Jahre. Darauf aufbauend lässt sich bei der Akademie für Gestaltung der Handwerkskammer Münster (Haus Kump) der "Designer (HWK)" dranhängen. Das Studium dauert drei Semester. Es kann auch mit dem Meistertitel kombiniert werden. An der Akademie für Handwerksdesign der Handwerkskammer Aachen (Gut Rosenberg) wird der "Gestalter im Handwerk" nicht vorausgesetzt. Mögliche Abschlüsse während des dreijährigen Studiums sind der Handwerksdesigner oder der Meisterdesigner (inklusive Meistertitel des jeweiligen Gewerks). Alle drei Abschlüsse sind förderfähig. Infrage kommen beispielsweise das Aufstiegs-BAföG sowie das Aufstiegs- oder Weiterbildungsstipendium der Stiftung Begabtenförderung Berufliche Bildung.

Gründung im Duo

Doch vor dem "Monstrum Selbstständigkeit" hat er alleine gehörigen Respekt. "Wenn man sich auch noch jemand anderem verschrieben hat, dann muss man morgens raus", begründet Paul Schmachtenberg die Entscheidung, nur im Duo gründen zu wollen. In Tobias von Reth findet er den passenden Gefährten. Als weitere Motivation kommt die Bewerbung für den Gründerwettbewerb AC2 hinzu, für den sie einen Business-Plan erstellen und dafür in der Vorauswahl ausgezeichnet werden. Es bietet sich schnell eine Gelegenheit, den Plan auch in die Tat umzusetzen. Sie können die Werkstatt von Schmachtenbergs ehemaligem Chef kaufen – nahezu voll ausgestattet mit Maschinen für die Metall- und Holzbearbeitung. Am 2. Januar 2018 ist es amtlich. Die Zweifach Holz-Metall gründet sich in Aachen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

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Auch negative Erfahrungen mit Mitarbeitern

Ihr gelingt "ein ganz geschmeidiger Start". Fast vom ersten Tag an sind die Firmengründer auf weitere Helfer angewiesen. Ein vom alten Betrieb übernommener Mitarbeiter und ein später hinzugekommener Azubi erweisen sich als Fehlgriff. "Der eine war zu festgefahren, der andere unmotiviert. Von beiden mussten wir uns früh trennen", fasst Paul Schmachtenberg die negativen Erfahrungen zusammen. Um die Aufträge abzuarbeiten, greifen sie deshalb anfangs auf Studenten von Gut Rosenberg zurück. Inzwischen haben sie mit einem Tischlergesellen und einem Schlossermeister festangestellte Kräfte gefunden.

Doppelabschluss hat sich bewährt

Die Werkstücke planen die beiden Meister­designer zusammen. "Zu zweit haben wir mehr Möglichkeiten, um quer zu denken und zu guten Lösungen zu kommen", sagt Tobias von Reth. Die Kombination ihrer Materialien ergänzt sich ­perfekt. "Beim Ladenbau nimmt der Stahl das Konstruktive auf. Das Holz verleiht dem Ganzen eine warme Optik." Auch der Doppelabschluss hat sich bewährt. Der Meisterbrief ermöglicht die Selbstständigkeit. Das Designstudium wirkt sich in der Kommunikation mit den Architekten aus. "Oft unterhalten wir uns mit ihnen über gestalterische Details, die sonst wohl keinem auffallen würden, die für uns aber erst das Ganze ausmachen", erklärt der Metallbaumeister.

Höhere Flexibilität im Betrieb

Bislang haben sie ihre Entscheidung nicht bereut. Beide plagen zwar ab und an Existenzängste. Doch die positiven Aspekte überwiegen. "Meine Frau war zuerst dagegen, dass ich mich selbstständig mache. Aber inzwischen merkt sie, dass ich viel besser drauf bin", sagt Tobias von Reth. Vor allem, dass der 33-Jährige zeitlich flexibler ist, kommt der jungen Familie entgegen. "Wenn meine Frau nachmittags mit dem einen Kind länger beim Kinderarzt ist, kann ich das andere mal eben vom Kindergarten abholen." Paul Schmachtenberg merkt es körperlich und seelisch. Früher habe ständig sein Rücken geschmerzt. "Das hing alles mit der Psyche zusammen", vermutet der Tischlermeister. Seitdem er selbstständig ist, fühlt sich der 37-Jährige deutlich gesünder.

Gut gefüllte Auftragsbücher

Die Meisterdesigner haben anscheinend einen guten Moment erwischt, um ihren Betrieb zu gründen. "Für Handwerker ist es gerade eine wahnsinns-gnädige Zeit", meint Paul Schmachtenberg. Das Auftragsbuch ist gut gefüllt. Der Wert ihrer Arbeit wird honoriert. Die Kunden zahlen, was auf der Rechnung steht. "Manche meckern zwar, aber dann kommt doch der volle Betrag und eine Anfrage für den nächsten Auftrag." Der Tischlermeister ist froh, einen Kompagnon wie Tobias von Reth zu haben. "Wäre ich alleine, würde ich wahrscheinlich viel mehr verschenken", sagt er lachend.

Text: / handwerksblatt.de

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