Interview: Im Handwerk zusammengewachsen
Die Tischlermeister und Jungunternehmer im Saarhandwerk Hannah Grünbeck und Julius Thomas im Interview.
Die Tischlermeister Hannah Grünbeck und Julius Thomas verbindet die Liebe zu ihrem Beruf, Töchterchen Luna und der gemeinsame Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit. Im Interview berichten die beiden Handwerker und jungen Eltern, wie sie sich die Arbeit im Alltag aufteilen, wie sie die Gründungsphase erlebt haben und in welche Richtung sich ihr kleiner Handwerksbetrieb entwickeln soll.
DHB:Frau Grünbeck, Sie und Ihr Mann sind beide Tischler. Wie haben Sie sich kennengelernt?
Grünbeck:Tatsächlich haben wir uns durch oder wegen unseres Berufs kennengelernt. Als ich vor zwei Jahren meinen Meisterkurs anfing, bat ich unseren Werkstattmeister, für mich den Kontakt zur Abschlussklasse des Vorjahrs herzustellen. Ich wollte die Bücher für die Meisterkurse gebraucht kaufen und dachte mir, dass sie vielleicht jemand loswerden wollte. Es kamen nur zwei Rückmeldungen und eine war von Julius. Als ich ihn dann das erste Mal sah, haute es mich aus den Latschen (lacht). Ich dachte immer, Männer seien alle gleich und dann stand Julius vor mir und war gar nicht wie die anderen. Er hatte Humor, war ehrlich und sah verdammt gut aus. Das ist übrigens heute immer noch so. Das i-Tüpfelchen war: Er hatte ein wunderschönes Meisterstück gebaut, was mit direkt gefiel. Möbel sagen viel über ihren Erbauer aus. Wenn man sich mit einem Möbelstück identifizieren kann, das ein anderer mit viel Liebe und Aufwand gefertigt hat, dann kann es doch auch menschlich passen, dachte ich mir damals. Und so war es auch. Heute stehen der Tisch und die Bank in unserem Esszimmer und unsere Tochter verputzt jede Fuge mit Essensresten, es wird gelebt an diesem Meisterstück und so soll es auch sein.
DHB: Herr Thomas, Sie und Ihre Frau sind auch beruflich ein Team: Anfang 2021 haben Sie sich mit einer eigenen Tischlerei in Saarbrücken selbstständig gemacht. Welche Momente haben Sie während der Gründungsphase am stärksten geprägt? Gab es besondere Herausforderungen, die Sie meistern mussten?
Thomas:Ich persönlich würde es nicht als Hürden bezeichnen, sondern als Entscheidungen und Aufgaben, die mein Leben bereichert haben. Als ich mich für die Selbstständigkeit entschied, wusste ich, was auf mich zukommt. Man sammelt gute und auch schlechte Erfahrungen, aus denen man lernt.
DHB: Bislang übernehmen Sie alle anfallenden Arbeiten im Betrieb zu zweit und erziehen gleichzeitig Ihre kleine Tochter. Wie teilen Sie sich die Arbeit auf?
Grünbeck: Zurzeit arbeite ich offiziell nicht im Betrieb mit, da für mich unsere Tochter an erster Stelle steht und nicht viel Zeit für anderes bleibt. Luna ist aufgeweckt und lebenslustig und hält uns alle auf Trapp. Trotzdem unterstützen wir uns gegenseitig, wo es geht. Die Planungen und Kalkulation der Möbel übernehme ich von zuhause aus, während Julius in der Werkstatt meinen Zeichnungen Leben einhaucht und sie mit meisterlichem Geschick umsetzt. Es ist nicht immer einfach für mich, nicht aktiv im Betrieb mit Hand anlegen zu können. Das Umsetzen der Pläne und das Arbeiten mit Holz fehlen mir manchmal sehr. Gleichzeitig lässt die Selbstständigkeit von Julius zu, dass er in anstrengenden Zeiten auch mal später auf die Arbeit fährt oder früher wieder zur Unterstützung kommt. Dafür bin ich wirklich dankbar.
DHB: Herr Thomas, wie würden Sie die Philosophie Ihres jungen Unternehmens beschreiben?
Thomas: Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, individuelle, hochwertige Massivholzmöbel zu fertigen, die im harmonischen Einklang mit der Natur stehen. Diese sollen traditionelle Bauweisen mit zeitlosem Design vereinen und dem Kunden ein persönliches Möbelstück bieten, welches im besten Fall auch noch an die Enkel weitergegeben wird. Das wünschen wir uns zumindest. Der Kunde soll seine Wünsche äußern können und wir versuchen diese im Rahmen der Verarbeitungsmöglichkeiten von Massivholz umzusetzen. Und das alles möglichst mit regionalen Hölzern und ausschließlich natürlichen Oberflächen. Dabei liegt uns die Verarbeitung regionaler Werkstoffe sehr am Herzen. Leider gestaltet sich die Beschaffung der benötigten Hölzer oft schwierig, da es im Saarland kaum mehr Sägewerke gibt. So weichen wir auf die Pfalz aus. Nicht ganz regional, aber aus Deutschland.
DHB: Wenn Sie sich Ihren Betrieb in fünf Jahren vorstellen könnten, wie würde er aussehen?
Grünbeck: Da uns die Verarbeitung regionaler Hölzer wie bereits erwähnt sehr wichtig ist, ist es unser Ziel, in fünf Jahren sagen zu können: „Wir bauen diesen Tisch aus dem Holz, welches wir vor Jahren im Saarbrücker Forst gekauft, gemeinsam aufgesägt und für lange Zeit getrocknet haben“. Wir wollen irgendwann an den Punk kommen, genau zu wissen, woher unsere Hölzer kommen. Wir möchten nicht nur das Handwerk repräsentieren, das den Tisch baut. Wir wollen die gesamte Geschichte des Baumes bis zum fertigen Möbelstück verstehen, um die nötige Wertschätzung für den Werkstoff Holz wieder begreifbar machen zu können. Unser Rohstoff sieht schön aus, riecht gut und ist im Idealfall im Wald hinterm Haus gewachsen. Ein Werkstoff, der keine großen Strecken oder Wege zurückgelegt haben muss, um als Tisch zur gemütlichen Runde einzuladen. Wir finden: Qualität hat schon dort ihren Ursprung, wo der Samen gesät wird und wollen uns bereits dort beteiligen.
DHB: Mit wem tauschen Sie sich zu technischen, handwerklichen oder betriebswirtschaftlichen Fragen aus, wenn Sie Ihr Wissen zu einem bestimmten Thema vertiefen möchten oder einen Rat brauchen?
Grünbeck: In erster Linie sind wir beide immer im Gespräch miteinander. Dabei spielt es keine Rolle, ob es um Fragen zur Umsetzung und Ausführung oder betriebliche Fragen geht. Oft können wir uns gegenseitig helfen oder miteinander zu einer Lösung kommen. Durch seine Berufserfahrung lässt Julius sich nicht leicht aus der Fassung bringen und hat immer eine Lösungsidee. Er hat vorher in einem Betrieb gearbeitet, der hauptsächlich Möbel aus Plattenwerkstoffen und lackierten Oberflächen angeboten hat, aber auch Fenster und Türen setzte. Dabei wurde er zum absoluten Allrounder und ist immer praktisch und schnell unterwegs. Ich habe zwar nicht so viel Erfahrung, aber in einem Betrieb gelernt, in dem nur Massivholz verarbeitet wurde und somit oft einen anderen Blick auf die Dinge. So können wir uns oft gegenseitig Fragen beantworten und den optimalen Weg gemeinsam finden. Wenn wir beide dann doch mal einen Rat von außen brauchen, wenden wir uns an Freunde aus der Meisterschule und auch mein Vater, der Zimmerermeister ist, steht uns mit Rat zur Seite.
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Text:
Sarah Materna /
handwerksblatt.de
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