Derzeit verlaufen zwei Drittel aller Übernahmen im Handwerk wirtschaftlich erfolgreich. Mehr als die Hälfte der Übernehmenden konnte sogar die Umsätze der erworbenen Betriebe steigern.

Derzeit verlaufen zwei Drittel aller Übernahmen im Handwerk wirtschaftlich erfolgreich. Mehr als die Hälfte der Übernehmenden konnte sogar die Umsätze der erworbenen Betriebe steigern. (Foto: © Jaraj Varga / Intagus GmbH)

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Nachfolgemonitor Handwerk: Bessere Chancen für größere Betriebe

Nachfolgen im Handwerk werden immer größer. Gründer und Käufer entscheiden sich eher für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über zwei Millionen Euro. Das geht aus der Sonderauswertung Handwerk des "Nachfolgemonitors" hervor.

Die Anzahl der Unternehmensübernahmen und -nachfolgen im Handwerk hat in 2021 gegenüber den Vorjahren deutlich zugenommen. Dabei spielt sowohl die demografische Entwicklung eine große Rolle als auch die Tatsache, dass in der Corona-Krise etliche Übergabeprojekte aufgeschoben wurden.

Das ist ein Ergebnis einer Sonderauswertung Handwerk im Rahmen der jährlich erscheinenden Studie "Nachfolgemonitor". Die Analyse des Nachfolgegeschehens im Handwerk wurde auf der Internationalen Handwerksmesse (IHM) präsentiert.

"Bei rund 125.000 anstehenden Betriebsübergaben in den kommenden fünf Jahren allein im Handwerk ist es längst nicht mehr ein rein persönliches Unterfangen, eine erfolgreiche Nachfolge für den Betrieb zu organisieren, sondern es ist angesichts dieser Größenordnung von gesamtwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz", betonte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer bei der Vorstellung des Nachfolgemonitors in München.

"Die auffälligste Tatsache ist der Trend zu immer größeren Transaktionen," berichtet der Herausgeber der Studie Professor Dr. Holger Wassermann von der FOM Hochschule: "Der durchschnittliche Jahresumsatz der übernommenen Handwerksunternehmen steigt seit Jahren stetig an und liegt inzwischen deutlich über zwei Millionen Euro."

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Vorteil für größere und große Handwerksbetriebe

Derzeit verlaufen zwei Drittel aller Übernahmen im Handwerk wirtschaftlich erfolgreich. Mehr als die Hälfte der Übernehmenden konnte sogar die Umsätze der erworbenen Betriebe steigern. 

Prof. Dr. Holger Wassermann. Foto: © Intagus GmbHProf. Dr. Holger Wassermann. Foto: © Intagus GmbH

Wassermann zufolge komme in dem Trend zu größeren Übernahmen der immer stärkere Wandel zu einem Käufermarkt bei der Unternehmensnachfolge zum Ausdruck: "Ähnlich wie im Handwerk zunehmend die angestellten Fachkräfte fehlen, so besteht auch ein Mangel an Nachfolgeunternehmern. Interessenten schauen sich zahlreiche Firmen an, ehe sie sich für eine Übernahme entscheiden. Dabei fällt die Wahl meistens auf größere, gut etablierte Betriebe."

Unternehmensnachfolge zur Fachkräftebeschaffung

Andere Untersuchungen zur Unternehmensnachfolge würden zeigen, dass nur noch die Hälfte aller übernommenen Firmen durch Nachfolgerinnen und Nachfolger aus der Familie fortgeführt werden.

Andere Handwerksbetriebe der gleichen oder verwandter Branchen seien als Käufer auf dem Vormarsch, so Wassermann: "Während Übernahmen früher besonders auf den Erwerb eines etablierten Kundenstammes abzielten, hat es diese Käufergruppe zunehmend auf qualifizierte Beschäftigte abgesehen."

Besonders viele Übernahmen entfielen daher 2021 auf das Heizung-Klima-Sanitär-Handwerk sowie auf Unternehmen der Elektrotechnik. Branchen also, in denen Nachfragedruck auf Fachkräftemangel stößt.

Nur 16 Prozent der Nachfolge im Handwerk durch Frauen

Die 2021 deutlich steigende Anzahl der Unternehmensnachfolgen im Handwerk führt Wassermann auf die Alterung der Betriebsinhaber zurück, aber auch auf die Corona-Krise. 2020 wurden viele Nachfolgeprojekte auf Eis gelegt.

"Die politischen Unsicherheiten über die Zukunft von Verbrennungsmotoren könnten dazu beigetragen haben, dass Kfz-Werkstätten eine weitere Schwerpunktbranche des Nachfolgegeschehens waren", so Wassermann weiter.

Im Friseurhandwerk dürfte der vergleichsweise niedrige Investitionsbedarf eine ebenfalls hohe Anzahl von Übernahmen begünstigt haben, meint Wassermann. In dieser Branche sind auch besonders viele Nachfolgerinnen anzutreffen.

Auf Handwerkerinnen entfallen insgesamt aber nur 16 Prozent aller Unternehmenstransaktionen. Über alle Branchen hinweg sind 22 Prozent der Übernahmen weiblich. "Die Statistik zeigt aber, dass Unternehmerinnen im Handwerk wie auch in allen anderen Branchen solider, stetiger und nachhaltiger als die Männer wirtschaften."

HintergrundDer Nachfolgemonitor erfasst alle Unternehmenstransaktionen, bei denen eine deutsche Bürgschaftsbank in die Finanzierung der Übernahme eingeschaltet war. Die Daten werden vom Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e. V. (VDB) bereitgestellt. Für die Sonderausgabe Handwerk wurden Übernahmen aus den Jahren 2014 bis 2021 untersucht. Zusätzliche Angaben der Creditreform Rating AG erlauben die Hintergrundbetrachtung der Käufer- und Verkäuferseite. Der Nachfolgemonitor wird von Prof. Dr. Holger Wassermann von der FOM Hochschule für Berufstätige und Geschäftsführer der Intagus GmbH herausgegeben.

Banken fordern deutlich mehr Eigenkapital

Im Zuge der aktuellen Zinswende ist der von den Hausbanken geforderte Eigenkapitalanteil für eine kreditfinanzierte Übernahme deutlich angestiegen. Von zehn auf jetzt bereits dreißig Prozent.  "Für den Kauf eines etablierten Unternehmens müssen Übernehmerinnen und Übernehmer neben einem stichhaltigen Konzept auch finanzielle Sicherheiten vorweisen. Die Bürgschaftsbanken sind dabei verlässliche Partner für eine Risikoentlastung, fördern damit aktiv den Generationswechsel und ermöglichen so eine Finanzierung auch in schwierigem Umfeld", sagte Guy Selbherr, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken (VDB). Rund ein Drittel der von den Bürgschaftsbanken geförderten Vorhaben sein Unternehmensnachfolgen.

Nachfolgen sichern Arbeits- und Ausbildungsplätze

Wichtige Aspekte von Unternehmensnachfolgen im Sinne einer ökonomischen Nachhaltigkeit sind die Übergabe und Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie der Erhalt regionaler Wirtschaftskraft. Laut der Untersuchung wurden in den Jahren 2019 bis 2021 rund 44.176 Arbeitsplätze gesichert und rund 4.916 neu geschaffen

Quellen: Intagus GmbH; ZDH; VDB

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Text: / handwerksblatt.de

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