"Geben Sie mir sofort den Chef! Ich will jetzt eine Lösung!" Wenn ein Kunde so durchs Telefon brüllt, dann gibt es nur eins: tief durchatmen und Ruhe bewahren. Die aktuellen Preissprünge bei Materialien oder die schwierige Terminsituation führen häufig zu angespannten Situationen.
Florian Ax aus Kruft in Rheinland-Pfalz ist Business-Trainer und schult regelmäßig Handwerks- oder Industriebetriebe zum Umgang mit schwierigen Kunden. Wie man auf Beschwerden souverän reagiert und warum es wichtig ist, dass man in brenzligen Situationen freundlich und selbstbewusst bleibt, erklärt er im Interview.
Florian Ax (Foto: privat) DHB: Gibt es ein typisches Verhalten reklamierender Kunden?
Florian Ax: Ja, die Kunden, die etwas reklamieren möchten, sind oft überfordert und wissen nicht genau, wie sie ihre Beschwerde formulieren sollen. In diesem Moment ist der Kunde emotional und eher unsachlich. Ich rate deshalb: Ruhe bewahren und sich erst einmal anhören, worum es überhaupt geht. Der Kunde soll ruhig Dampf ablassen, ohne dass er unterbrochen wird.
Außerdem sollte man mit Sachlichkeit und einem Lächeln auf den Lippen reagieren. Dies fördert eine positive Gesprächsatmosphäre. Unternehmer sollten sich immer im Klaren sein, dass es gut ist, wenn sich ein Kunde mit einer Beschwerde meldet. Er hat dann ein echtes Interesse an diesem Betrieb. Er gibt dem Unternehmen die Chance, den Schaden zu beheben, anstatt zum Mitbewerber zu wechseln.
Deshalb sollte man sich auch immer für die Reklamation bedanken und Verständnis für die Verärgerung zeigen. Die Kunden wollen ernst genommen werden und spüren, dass sie wichtig sind. Sie möchten Sätze hören wie 'Selbstverständlich haben wir Verständnis für Ihre Verärgerung' oder 'Wir kümmern uns direkt darum'.
DHB: Wie komme ich zum Kern des Problems, wenn der Kunde so aufgebracht ist?
Florian Ax: Die Kunden verstricken sich oft in Verallgemeinerungen, wie zum Beispiel "Das ist doch immer das Gleiche bei Ihnen!". Wichtig ist, dass man durch gezieltes Nachfragen und aktives Zuhören das eigentliche Problem herausfiltert. Also zum Beispiel nachfragt, was der Kunde mit "immer das Gleiche" meint und wann er genau ein solches Problem hatte etc.
Mit offenen Fragen kann man sich an den Kern herantasten. Ist das Problem erkannt und hat sich der Gesprächspartner beruhigt, ist es Zeit, an einer schnellen Lösung zu arbeiten. Das heißt, der Handwerker muss im Fall einer berechtigten Reklamation entscheiden, was der Gesetzgeber in dem konkreten Fall unter anderem im HGB oder BGB vorschreibt oder was er dem Kunden aus Kulanz anbieten kann – ohne dass er sich auszieht.
DHB: Gibt es unterschiedliche Typen, die reklamieren?
Florian Ax: Auf der einen Seite gibt es den eher weinerlichen Kunden, der verzweifelt anruft, weil bei ihm die Heizung ausgefallen ist. Oft reicht es diesen Kunden schon, wenn man eine schnelle Reparatur anbietet und sie ein wenig bauchpinselt. Dann gibt es noch den aggressiv, beleidigenden Kunden, der häufig unverschämt wird und den meine Teilnehmenden gedanklich mit nach Hause nehmen.
Hier sollte man tief durchatmen, sich nicht von der Emotion anstecken lassen und den Gesprächspartner bitten, wieder sachlicher zu kommunizieren. Sofern das nicht passiert, im nächsten Schritt erklären, dass man andernfalls das Gespräch beendet. Schlussendlich gibt es auch noch den berechnenden Kunden, der sehr sachlich und kühl auftritt. Er ist oft sehr zielorientiert und rhetorisch geschult.
Meine Teilnehmenden berichten mir immer wieder, dass es sich meist um eine Art "Akademiker-Typ" handelt. Bei solchen Kunden sollte man möglichst nicht am Telefon, sondern besser vor Ort klären, ob die Reklamation berechtigt ist oder ob der Kunde ganz gezielt den Preis drücken möchte. Handwerker sollten sich von diesem Typ nicht die "Butter vom Brot nehmen lassen", sondern beharrlich bleiben und auf Augenhöhe kommunizieren.
Jeder erzieht sich seine Kunden, so wie er sie haben möchte. Wer zu viel nachgibt und oft im Konjunktiv spricht, wie zum Beispiel "ich würde" oder "ich könnte Ihnen anbieten" sagt, der wird irgendwann ausgenutzt. Grundsätzlich gilt allerdings auch, dass man natürlich vorsichtig sein muss, denn jeder Kunde könnte auch ein Negativ-Multiplikator in Bewertungsportalen sein oder sogar einen Shitstorm lostreten.
DHB: Es ist inzwischen ein Volkssport, über eine Reklamation an Preisnachlässe zu kommen, was tun?
Florian Ax: In der Industrie werden Einkäufer darin geschult, wie sie richtig reklamieren, um nachträglich die Preise neu zu verhandeln. Eine beliebte Taktik ist es, besonders freundlich zu reklamieren und so sein Gegenüber in Sicherheit zu wiegen, um später zuzuschlagen.
Diese Tricks nutzen mittlerweile aber auch Privatkunden, vor allem wenn es um viel Geld geht, was ja bei einer neuen Heizung, einem Badezimmer oder einer Elektroinstallation schnell der Fall sein kann. Ich empfehle dann die Trichter-Technik, um den eigentlichen Grund der Reklamation zu erfragen.
Die Trichter-Technik
"Mit der einfachen Trichter-Technik nehmen Sie den Kunden den Wind aus den Segeln", rät Florian Ax. Dazu stellt man dem reklamierenden Kunden drei aufeinander aufbauende offene Fragen möglichst schnell hintereinander. Das Ziel ist eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung:
- Worum geht es Ihnen konkret?
- Woran sollen wir arbeiten? oder: Was haben Sie sich vorgestellt?
- Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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