Unterstützung für den Mittelstand in Brandenburg
Ulrich Scheppan, Vorstandsvorsitzender der Investitionsbank Land Brandenburg, spricht im Interview über die Situation der heimischen Wirtschaft und darüber, wie seine Institution den Mittelstand konkret unterstützt.
DHB: Herr Scheppan, die ILB hat 2024 mehr als zwei Milliarden Euro Fördermittel zugesagt. Das waren rund 400 Millionen Euro mehr als im Jahr 2023. Da viele Gelder erst jetzt wirksam werden: Heißt das, wir lösen in Brandenburg so langsam den Investitionsstau in vielen Bereichen?
Ulrich Scheppan: In der Tat konnten wir 2024 vor allem in der Infrastruktur- und der Wirtschaftsförderung deutlich mehr Gelder zusagen als im Vorjahr. Wenn wir uns anschauen, woher die Zuwächse kommen, sehen wir drei klare Schwerpunkte. Zum ersten die Förderung des erfolgreichen Strukturwandels in der Lausitz. Dafür wurden rund 400 Millionen Euro zugesagt, um die Folgen des Ausstiegs aus der Kohleverstromung abzumildern und um die Transformation der gesamten Region zu unterstützen. Zweitens der Breitbandausbau, in den knapp 340 Millionen Euro geflossen sind. Dieser ist eine ganz wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung und die Zunahme digitaler Geschäftsmodelle. Und drittens der Bereich Wohnungsbau. Dank Zusagen von über 400 Millionen Euro können über 1.400 vorrangig klima- und generationengerechte Wohnungen in Brandenburg neu gebaut oder modernisiert werden. Bei vielen wichtigen Themenfeldern geht es also sehr gut voran, in anderen Punkten hat Brandenburg noch Aufholbedarf. Um diesen anzugehen, arbeiten wir eng mit der Landesregierung zusammen. Auch die drei Milliarden Euro aus dem Sondervermögen des Bundes, die Brandenburg in den kommenden zwölf Jahren erhält, bieten eine große Chance, Investitionsbedarfe vor allem auf kommunaler Seite anzugehen.
DHB: Wie läuft es aktuell im Jahr 2025? Was können Sie aus den Ihnen vorliegenden Zahlen herauslesen – wenn es um den Zustand der brandenburgischen Wirtschaft geht?
Ulrich Scheppan: Für unser Fördergeschäft spielt es eine ganz wichtige Rolle, dass das Land Mitte des Jahres einen vernünftigen Haushalt verabschiedet hat. Dadurch können wir unsere Förderzusagen jetzt wieder intensivieren. Gesamtwirtschaftlich nehmen wir eine durchaus positive Stimmung bei den Unternehmen wahr – vor allem gemessen an den vielfältigen konjunkturellen Herausforderungen. Unsere Planungen für die Gesamtzusagen 2025 haben wir daher sogar leicht aufgestockt auf 2,1 Milliarden Euro. Eine wichtige Rolle dabei spielt, dass die bei den Unternehmen beliebte Förderung aus dem Just Transition Funds (JTF) auch auf die Uckermark ausgeweitet wurde. Hier sind Investitionszuschüsse von bis zu 70 Prozent möglich.
Und auch in der Gründungsförderung ist aktuell jede Menge Musik drin. Gerade erst haben wir die Gründung von sechs neuen Start-up-Zentren im Land unterstützt, mit deren Hilfe junge, vielversprechende Unternehmen für die Skalierung ihrer Geschäftsideen bis hin zur Internationalisierung fit gemacht werden sollen.
DHB: Ein Nachteil vieler Unternehmen in Brandenburg ist die – verglichen mit westdeutschen Betrieben – geringe Eigenkapitalstärke. Im November 2023 wurde gemeinsam mit dem MWAE ein neuer Eigenkapitalfonds innerhalb der Brandenburg Kapital aufgelegt. Insgesamt stehen rund 100 Millionen Euro bis 2029 bereit. Wie läuft dieses Programm aus Ihrer Sicht?
Ulrich Scheppan: Die Brandenburg Kapital GmbH ist mittlerweile ein etablierter Player im Spielfeld der Venture Capital Finanzierungen in Brandenburg. Aus dem neuen Eigenkapitalfonds wurden 2024 bereits 20 Millionen Euro investiert, um moderne, technologieorientierte Unternehmen in Brandenburg zu unterstützen. Besonders wichtig ist hier die Hebelwirkung – mit unseren 20 Millionen Euro haben wir weitere 65 Millionen Euro zusätzlich von Co-Investoren eingesammelt. Einen regelrechten Boom sehen wir im Bereich Health-Care. Hier haben wir mittlerweile Firmen mit Unternehmenswerten im dreistelligen Millionenbereich im Portfolio.
DHB: Die neue EU-Förderperiode ab 2028 wird derzeit mit Inhalten untersetzt. Es gibt Befürchtungen, dass für die Entwicklung ländlicher oder wirtschaftsschwacher Regionen weniger Geld zur Verfügung stehen wird, weil die EU massiv in die militärische Verteidigung investiert. Was hören Sie?
Ulrich Scheppan: Zunächst muss man feststellen, dass die EU-Förderung der Vergangenheit sehr positive Auswirkungen hatte. Seit dem Start der letzten EU-Förderperiode 2014-2021 ist das BIP in Brandenburg um 56 Prozent gestiegen, und zwar auf rund 97,5 Milliarden Euro in 2024. Damit liegt Brandenburg prozentual über dem bundesweiten Wachstum. Dass die EU-Fördergelder nun auch regional zurückgehen werden, ist daher keine Überraschung.
Im Juli erst hat die Kommission ihr Budget für die Jahre 2028-2034 vorgeschlagen. Dieses beläuft sich auf fast zwei Billionen Euro. Ein Hauptmerkmal des neuen Finanzrahmens sind einfachere, gestraffte und harmonisierte EU-Finanzprogramme, die den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten vereinfachen sollen. Wie das konkret ausgestaltet werden soll, müssen wir jetzt abwarten. Die Landesregierung hat sich jedoch in Brüssel dafür eingesetzt, die Kohäsionspolitik und damit auch die für Bran-denburg wichtige Regionalförderung fortzuführen.
DHB: Transformation, Innovation und Fachkräftebedarf sind die großen Themen für die Wirtschaft. Wie kann die ILB den Unternehmen bei diesen Themen helfen?
Ulrich Scheppan: Die herausfordernden Themen haben Sie hier korrekt benannt, und glücklicherweise hat die ILB passende Förderprogramme dafür im Angebot. Mit dem JTF können wir Unternehmen direkt bei ihren Transformationsbemühungen unter-stützen, sowohl bei Beratungsleistungen als auch bei produktiven Investitionen. Mit den Innovationsförderprogrammen BIG Digital und ProFIT sind bis zu drei Millionen Euro Zuschuss möglich. Und damit Unternehmen ihren Bedarfen nach Fachkräften auch intern durch Qualifizierungsmaßnahmen besser begegnen können, wird derzeit die Weiterbildungsrichtlinie verbessert. Wie immer gilt: Unsere Förderberaterinnen und Förderberater sind die beste Anlaufstelle im Land zu allen Infos rund um Förderung und Finanzierung.
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Text:
Michel Havasi und Karsten Hintzmann /
handwerksblatt.de
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