Kündigungsfrist in der Probezeit
Steht im Arbeitsvertrag eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist und ist die Probezeit nicht ausdrücklich davon ausgeschlossen, gilt diese längere Frist auch für Kündigungen während der Probezeit.
Normalerweise gibt es in der Probezeit eine Kündigungsfrist von 2 Wochen, wenn nichts anderes vereinbart wurde. Steht im Arbeitsvertrag eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist, muss dort auch klar festgehalten sein, wenn diese nicht für die Probezeit gelten soll. Sonst gilt diese längere Frist auch für Kündigungen während der Probezeit.
Der Fall
Der Arbeitsvertrag eines Flugbegleiters stand, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten; dieser sah besondere Kündigungsfristen vor: sechs Wochen zum Monatsende.
Das Urteil
Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, damit sei für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch während der Probezeit die vertragliche Frist von sechs Wochen zum Monatsende maßgeblich. Lege ein vom Arbeitgeber formulierter Arbeitsvertrag in einer Klausel eine längere Kündigungsfrist fest, ohne dass unmissverständlich deutlich gemacht werde, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten solle, sei dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist (hier: sechs Wochen zum Monatsende) kündigen könne.
Die vom Unternehmen vorformulierten arbeitsvertraglichen Regelungen seien als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu betrachten und so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer verstehe. Als "durchschnittlicher Arbeitnehmer" durfte der Mitarbeiter auf die im Arbeitsvertrag geregelte sechswöchige Kündigungsfrist vertrauen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2017, Az.: 6 AZR 705/15
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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