"Kommunalpolitik attraktiver machen"
Stefan Spaniol, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Saarländischen Städte und Gemeindetages, im DHB-Interview.
Als geschäftsführendes Vorstandsmitglied des saarländischen Städte- und Gemeindetages will sich Stefan Spaniol dafür einsetzen, dass den Städten und Kommunen im Saarland größere Gestaltungsspielräume eröffnet werden. Auch in finanzieller Hinsicht. Außerdem plant er, unter anderem in Kooperation mit der Handwerkskammer des Saarlandes, neue Ansätze zu entwickeln, um kommunalpolitische Ämter für Handwerksunternehmer attraktiver zu machen.
DHB: Herr Spaniol, seit Anfang Juli 2021 sind Sie Geschäftsführer des Saarländischen Städte- und Gemeindetages. Welche Projekte haben Sie in dieser neuen Rolle als erstes in Angriff genommen?
Spaniol: Als Interessenvertretung der saarländischen Kommunen begleiten wir Initiativen von Bund und Land, bündeln die Interessen unserer Mitgliedskommunen und machen diese im politischen Raum geltend. Bei vielerlei Themen müssen wir dabei auch ganz aktuell darauf hinwirken, dass die finanziellen Belastungen der Kommunen beachtet werden und diese mehr Gestaltungsspielraum bekommen, um die kommunale Selbstverwaltung vor Ort auch leben zu können. Hier bewegt uns vor allem die dramatisch schwache Investitionskraft der saarländischen Kommunen, unter der auch das Handwerk vor Ort zu leiden hat. Ansonsten habe ich es mir zum Ziel gemacht, die Beratungsleistungen des Saarländischen Städte- und Gemeindetages (SSGT) und des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV Saar), den ich in Personalunion ebenso als Geschäftsführer leite, für unsere Mitglieder noch weiter zu stärken und zu modernisieren.
DHB: Ihr Haus bezieht unter anderem Stellung zu Fragen, die die Vergabe öffentlicher Aufträge betreffen. Als wie groß erachten Sie in diesem Kontext die bürokratischen Hürden für an den Ausschreibungen teilnehmende Betriebe und insbesondere für kleine und mittlere Handwerksbetriebe? Welche Maßnahmen könnten aus Ihrer Sicht zum Abbau dieser Hürden beitragen?
Spaniol: Wegen knapper finanzieller sowie personeller Ressourcen kleiner und mittlerer Unternehmen konnten sich diese häufig nicht gegen größere Konkurrenten bei der Auftragsvergabe durchsetzen. Eine generelle Bevorzugung des Mittelstandes bei der Auftragsvergabe ist dabei ohne eine im Gesetz verankerte Grundlage nicht möglich. In den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber aber damit begonnen, diese Hürden durch Anpassung der rechtlichen Vorgaben abzubauen. So sehen die Vorschriften im ober- und unterschwelligen Vergabebereich vor, dass mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nun vornehmlich zu berücksichtigen sind. Der Mittelstandschutz erfolgt insbesondere durch die Auftragsvergabe im Wege der Losvergabe. Dies führt zu einer Splittung und Streuung von Aufträgen, wodurch die Kapazitäten kleiner und mittlerer Unternehmen gerade bei größeren Aufträgen besser berücksichtigt werden können. Somit können die Kapazitäten kleiner und mittlerer Unternehmen gerade bei größeren Aufträgen besser berücksichtigt werden. Die Kommunen als öffentliche Auftraggeber haben dies im Blick! Wichtig ist uns vor allem, den administrativen Aufwand für alle Beteiligte am Vergabeprozess zu reduzieren, der in der Praxis Probleme macht. So bedarf es einer Optimierung von Formularen, die auch einheitlich digital erfasst werden müssen. Nur so kann das Vergabeverfahren vollständig digital und damit schneller durchgeführt werden. Dadurch könnte der Arbeitsaufwand für kleinere Unternehmen weiter reduziert werden.
DHB: Die von der Landesregierung ins Auge gefasste Änderung des KSVG, die Spielräume der Kommunen für eine wirtschaftliche Betätigung auszuweiten, sieht das Handwerk sehr kritisch. Wie stehen Sie dazu?
Spaniol: Es geht nicht um mehr Spielräume, sondern um mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Die Herausforderungen der Digitalisierung und neue Fragen der Klimapolitik machen auch vor den saarländischen Kommunen und den kommunalen Unternehmen nicht halt. Dem muss sich ein modernes Gemeindewirtschaftsrecht stellen, das klarzustellen hat, was Kommunen dürfen und was nicht; hier gibt es zurzeit leider Unwägbarkeiten. Der derzeit diskutierte Gesetzesentwurf bleibt im Übrigen, das ist unstreitig, hinter den Gesetzen anderer Bundesländer zurück und die Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Betätigung der Kommunen bleiben restriktiv. Uns ist wichtig: Die saarländischen Kommunen sind und bleiben starke Partner des regionalen Handwerks. Wir haben überhaupt kein Interesse daran, diese Partnerschaft zu schwächen.
DHB: Wie setzt sich Ihr Haus dafür ein, die Ansiedlung handwerklicher Unternehmen in den saarländischen Städten und Gemeinden zu fördern?
Spaniol: Einerseits fordern wir bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Kommunen ein und begleiten den Prozess der Landesentwicklungsplanung. Der Landesentwicklungsplan (LEP) Siedlung muss endlich kommen! Zudem arbeiten wir überall dort mit, wo es um lebendige Innenstädte und einen attraktiven ländlichen Raum geht. Auch das Handwerk gehört wieder in die Innenstadt und in Dorfmitten. Wir sind zudem wertvoller Netzwerkpartner für alle Organisationen und Verbänden, die sich für regionale Wertschöpfung und lokales Unternehmertum einsetzen. Wir, Kommunen und Handwerk, haben im Übrigen noch ein weiteres gemeinsames Ziel: schnellere Verwaltungsabläufe und schmalere Genehmigungsverfahren. In den Kommunen wird rechtlich das umgesetzt, was EU, Bund und Land vorgeben; deshalb ist unsere "Lobbyarbeit" für die Kommunen auch wichtig für das Handwerk vor Ort.
DHB: In den saarländischen Stadt- und Gemeinderäte sind nur wenige Selbstständige aus dem Handwerk engagiert. Es erscheint Handwerksunternehmern zumeist leider nicht möglich, ehrenamtlich eine Vielzahl von Terminen und Sitzungen wahrzunehmen. Wie bewerten Sie das?
Spaniol: Es ist sehr wichtig, dass sich vermehrt Selbstständige und vor allem auch Handwerker in den kommunalen Räten engagieren und sich so an Entscheidungsprozessen vor Ort beteiligen. Das kommunalpolitische Ehrenamt muss für Selbstständige tatsächlich attraktiver werden. Deswegen möchten wir uns mit der Handwerkskammer dazu austauschen, wie man das kommunale ehrenamtliche Engagement mit seinen zeitlichen Abläufen und Sitzungsformen flexibler gestalten kann.
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Text:
HWK des Saarlandes /
handwerksblatt.de
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